Ehrenamtliche Sprachvermittler „Irgendetwas mit Deutsch": Mein Weg in die Flüchtlingsarbeit

Der VHS-Förderverein bietet Kurse für ehrenamtliche Sprachvermittler an. Dort werden Fragen geklärt und Unsicherheiten ausgeräumt.

Ehrenamtliche Sprachvermittler: „Irgendetwas mit Deutsch": Mein Weg in die Flüchtlingsarbeit
Foto: Knappe

Krefeld. Etwas mit Flüchtlingen schwebt mit als kleines Ehrenamt neben dem Job vor. Am besten in Verbindung mit Deutsch. Schließlich habe ich, zugegebenermaßen vor Jahr und Tag, schon einmal einem niederländischen Schüler in den sprachlichen Sattel geholfen. Und später dann Schreiben zu meinem Beruf gemacht. Das ist doch was. Bleibt nur die Frage: Wie finde ich den Flüchtling, der braucht, was ich anbieten kann?

Mit diesen Überlegungen bin ich offenbar nicht allein. Auf der Suche nach meinem Weg in die Flüchtlingshilfe dränge ich mich an einem Dezemberabend mit mindestens 250 anderen Willigen bei einer Informationsveranstaltung für ehrenamtliche Sprachvermittler im Foyer der VHS. Und habe das Glück, im Anschluss daran gleich noch einen Platz in zwei Einführungsseminaren zu ergattern.

Dort brennen den meisten Fragen unter den Nägeln, es besteht erst einmal reichlich Gesprächsbedarf. Erfahrenere Teilnehmer beklagen eine hohe Zahl wechselnder Personen in den freiwilligen Sprachkursen. „Angebote von Ehrenamtlern richten sich vor allem an diejenigen Flüchtlinge, die noch keine Bleibeperspektive haben“, ordnet der Vertreter des VHS-Fördervereins ein. Es kämen keine Frauen, nur die Männer. Unzuverlässigkeit und Unpünktlichkeit werden beklagt. Einer spricht gar von Sisyphusarbeit. Dagmar Ulrich, Dozentin des Abends, hakt nach: „Ich höre von keinem Problem, das man mit einem hiesigen Landsmann nicht auch haben könnte, oder?“

Höchste Zeit fürs Seminarthema: „Sprachkulturelle Aspekte bei der Sprachvermittlung.“ Ulrich glaubt, „dass Kulturunterschiede in der Sprachvermittlung überschätzt werden.“ Google verbinde uns alle. „Jeder weiß, wer beim 1. FC Köln das Tor hütet und welche Rolle Bruce Willis gerade spielt.“ Das seien doch Anknüpfungspunkte. Ja, darüber lässt sich reden.

Nur mit wem, um zu meiner Ausgangsfrage zurückzukommen? Ulrichs Tipp: „Malen Sie sich ein Schild ,Ich biete Deutschunterricht an’, am besten auf Arabisch, stellen Sie sich in die Nähe einer Flüchtlingsunterkunft und warten Sie, was passiert.“ Das ist sicher eine Möglichkeit — aber meine? Ich bin nicht überzeugt.

Da stößt mich meine Sitznachbarin an, die meine Unsicherheit spürt. Sie habe seit längerem Kontakt zu einem jungen Mann aus Albanien, der bereits wisse, dass er Deutschland bald wieder verlassen muss, die ihm bleibende Zeit aber sinnvoll nutzen möchte. Zum Vertiefen seiner Deutschkenntnisse zum Beispiel. Kann das ein Einstieg für mich sein? Der Sprachschüler, der zu mir passt?

Dagmar Ulrich erklärt, was praktisch zu tun ist. Langsam sprechen, möglichst dialektfrei, die Sätze richtig sagen, nicht in Babysprache verfallen. „Sechs, sieben neue Wörter pro Treffen, dann ist Schluss. Das ist die Vokabelmenge, die man auf einmal verdauen kann.“ Auch die Frage nach dem Wie beantwortet sie: Sprechtraining kann spielerisch sein. Memory eignet sich. Und Ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst, ebenso wie ein Vokabelspaziergang durch den Supermarkt. „So bieten Sie Sprechgelegenheiten. Die ständige Wiederholung hilft.“

Das kann ich mir vorstellen, das traue ich mir zu. Also: „Auf sich zukommen lassen, keine Hemmungen haben, anpacken“, beschließt Ulrich ihre zwei Stunden. Das hab’ ich vor. Und bin gespannt, was ich dabei über die Lebensbedingungen auf der Balkanhalbinsel lernen werde.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort