Glühwein und Frühlingsgefühle

Der Budenzauber in der Innenstadt startet bei milden 14 Grad. Von Besinnlichkeit kaum eine Spur.

Krefeld. Gebrannte Mandeln, Schoko-Früchte und Frühlings-Wetter, was hat das mit Weihnachten zu tun? Die Dekoration der Buden in der Innenstadt räumt alle Missverständnisse aus: Ein Weihnachtsmann auf seinem Schlitten, winterliche Landschaften und bunte Geschenkpäckchen säumen den Süßwarenstand. Auch wenn das Wetter nicht mitspielt, ist der Weihnachtsmarkt seit gestern eröffnet.

Die offiziellen Tassen zum diesjährigen Budenzauber sind noch nicht da und der festliche Schmuck der Innenstadt nennt sich "winterliche Beleuchtung". Da hängt es wie ein Hauch von Ironie in der Luft, dass bei 14 Grad Außentemperatur mit Glühwein angestoßen und besinnlich auf das Fest zugesteuert werden soll.

Anfangs herrscht frostige Stimmung. Kaum jemand hat damit gerechnet, dass man sich auf einem Weihnachtsmarkt nicht weihnachtlich fühlen kann. Von Besinnlichkeit und Vorfreude keine Spur. Weihnachtlich fühlen sich die wenigsten, aber die passende Stimmung steht schon in den Startlöchern.

In Südtirol, der Heimat von Edmund Bachmann, liegt Meter hoch Schnee. Er ist aber zuversichtlich, dass die Besucher schon früher oder später für die passende Stimmung sorgen werden.

Leon Schoethoff hat Spaß mit seinen Freunden, Weihnachtsmarkt hin oder her. "Es ist zwar noch zu warm für weihnachtliche Stimmung, aber Bratwurst essen und Glühwein trinken kann ich auch so." Zu früh findet er den Weihnachtsmarkt nicht, "aber dass es Lebkuchen, Spekulatius und Co. schon im August zu kaufen gibt, halte ich für richtig übertrieben", sagt er.

Die Besucher fühlen sich im Großen und Ganzen wenig besinnlich. Für Jutta Lomberg liegt es nicht nur am Wetter, dass sich nicht so recht weihnachtliche Stimmung einstellt. "Mir ist es einfach viel zu früh", sagt sie. "An Weihnachtsgeschenke habe ich in diesem Jahr bisher nur sporadisch gedacht. Vielleicht steht meine innere Uhr auf Weihnachten, wenn ich das erste Türchen meines Adventskalenders öffne."

Als die erste Unsicherheit über dieses nicht-weihnachtliche Erlebnis verfliegt, der Gospel-Chor zu singen beginnt, werden die Buden voller, die Schritte gemächlicher und die Gesichter freundlicher.

Trotz gefühltem Frühling findet Bernhard Poguntke den Weihnachtsmarkt sehr schön. Obwohl er Sangria dem Glühwein vorziehen würde, ist er überzeugt, dass die Besucher schon noch weihnachtliche Stimmung verbreiten werden.

Hans Nelsen jedenfalls lässt sich nicht unterkriegen. "Ich fühle mich weihnachtlich. Anfang der Woche habe ich sogar schon zu Hause meine Weihnachtsdekoration aufgestellt", sagt er. Bei Erika Logs braucht es schon ein wenig mehr als schöne Dekoration. "Bei diesem Wetter komme ich nicht in Stimmung", sagt sie. "Ich vermisse den Schnee. Ihr Mann, Ulrich Logs, pflichtet ihr bei. "Diese Temperaturen passen überhaupt nicht hier hin."

Zu späterer Stunde spricht man schon eher von Besinnlichkeit. Draußen ist es dunkel, die Lichter tun ihre Wirkung und bei den Besuchern stellen sich endlich weihnachtliche Gefühle ein. Aline Lieser hat zwar auch ein komisches Gefühl, kann dann aber doch ihr Herz für die festliche Beleuchtung und den Schmuck erwärmen. "Ich fange langsam an, mich weihnachtlich zu fühlen." Mit Blick auf ihren kleinen Sohn sagt sie: "Mit Kindern ist das alles etwas anderes. "Wenn man mit der Familie beisammen ist, dann versteht man erst, was das Weihnachtsfest bedeutet und weiß, was besinnlich ist", sagt Bernhard Poguntke.

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