Frederik Störkel - Mit Fingerspitzengefühl zum Abitur

Frederik Störkel ist von Geburt an blind. Am Gymnasium am Stadtpark hat er jetzt seinen Abschluss gemacht.

Krefeld-Uerdingen. Veni, vidi, vici - ich kam, sah und siegte. Mit diesen Worten beschreibt Frederik Störkel sich selbst und seinen Lebensweg. Und das zurecht. Der 19-Jährige hat etwas Beachtliches geschafft.

Vor ein paar Tagen hat er sein Abitur bestanden. Das allein ist es aber nicht, was ihn und seinen Werdegang zu etwas ganz Besonderem machen. Frederik ist von Geburt an blind.

Nach einer Augentransplantation konnte er die ersten drei Lebensjahre sehen. Allerdings trübten sich die Hornhäute anschließend wieder ein, so dass ihm erneut und diesmal endgültig das Augenlicht genommen wurde.

Die Behinderung ist Frederik zwar an seinen trüben Augen anzusehen, dahinter verbirgt sich allerdings ein junger Mann voller Lebensfreude, Selbstironie und Wortwitz.

Mit einem Schnitt von 2,4 hat der Krefelder in diesem Jahr am Gymnasium am Stadtpark sein Abitur gemacht. Seine Leistungskurse waren Mathematik und Spanisch. „Ich war von Anfang sicher, dass ich es schaffen kann“, sagt Frederik heute mit bescheidenem Stolz.

Frederik und seine Familie haben sich damals für das Krefelder Gymnasium mit gemeinsamem Unterricht mit Nicht-Behinderten entschieden und gegen die Blindenstudienanstalt in Marburg, dem einzigen Gymnasium für Blinde und Sehbehinderte in Deutschland.

Während sich seine Mitschüler die mathematischen Formeln und Texte im Mathematikbuch, oder an der Tafel anschauen, spürt Frederik diese unter seinen Fingern. Mithilfe einer sogenannten Braillezeile, einem Computergerät für Blinde.

Dieses ist an Frederiks Laptop angeschlossen und wandelt alle Zeichen, die auf dem Bildschirm des PCs erscheinen in Blindenschrift um. Durch das Abtasten der Braillezeile mit den Fingerkuppen kann Frederik den Inhalt der jeweiligen Texte lesen. „Ich kann immer die Zeile erfühlen, auf der gerade der Cursor steht“, erklärt Frederik.

Voraussetzung dafür, dass der 19-Jährige selbstständig am PC arbeiten kann ist die Digitalisierung der Schultexte. Um das zu gewährleisten hat Frederik Matthias Killa an seiner Seite. Er ist Zivildienstleistender, speziell Integrationshelfer.

Täglich hat er seinen Schützling in der Schule begleitet, Kopien der Fachlehrer abgetippt und in Frederiks Laptop übertragen. „Frederiks Person macht das Arbeiten so einfach, er ist sehr selbstständig“, sagt der Zivildienstleistender, von Frederik sichtlich beeindruckt.

Es ist nicht nur Frederiks herzliche Art, die ihn so sympathisch macht, auch seine Selbstironie macht ihn einzigartig. So steht zum Beispiel in seiner Abizeitung unter der Kategorie „Ich in 20 Jahren“: Pilot. „Ein bisschen Spaß muss ja auch sein“, sagt Frederik lachend. Tatsächlich wird der junge Mann noch in diesem Jahr eine Ausbildung zum Physiotherapeuten machen.

Nebenbei geht der 19-Jährige gerne schwimmen oder ins Stadion. Frederik ist begeisterter Borussia Dortmund-Fan. „Das ist eine tolle Entwicklung, die wir uns nie so vorgestellt haben“, sagt Frederiks Vater Hans Christian Störkel mit leicht geröteten Augen.

„Der Frederik, der heute hier sitzt, den gab es vor neun Jahren nicht. Wir freuen uns ungemein.“ Und da ist er nicht allein. Das Lehrerkollegium und Frederiks Mitschüler sind stolz auf ihn und seinen unermüdlichen Ehrgeiz.

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