EM-Orakel Evi hat die deutsche Elf zum Fressen gern

Die Tapirdame verzeiht uns die letzte Fehldeutung und legt sich ganz klar auf Deutschland fest.

Krefeld. Evi, es tut uns aufrichtig leid! Bitte entschuldige, dass wir dein Fressverhalten — erst Deutschland, dann Dänemark — als Unentschieden interpretiert haben. Dabei meintest du doch einen äußerst knappen Sieg — und diese Vorhersage ist schließlich auch eingetroffen. Es soll nicht wieder vorkommen.

Weil wir das EM-Orakel so missverstanden, haben wir uns selbst eine Strafarbeit auferlegt und recherchiert, was Evi zu einem mystischen Medium macht. Denn in diesem schweineähnlichen Verwandten der Pferde und der Nashörner steckt viel mehr, als man auf den ersten Blick denkt.

So gibt es in Venezuela, Flachlandtapire sind ja bekanntlich Südamerikaner, den Maria Lionza-Kult, bei dem ein Tapir eine tragende Rolle spielt: Maria Lionza leitet sich ab von Maria de la Onza, was auf Deutsch „María vom Jaguar“ heißt. Sie war der Legende nach die Tochter eines Indianerhäuptlings und lebte im 16. Jahrhundert. Auf Bildern ist sie stets als wohl proportionierte Frau dargestellt. Und sie kommt nicht zu Fuß. Sie reitet auf einem Tapir — was ihre Macht über wilde Tiere symbolisiert. Am Berg Cerro de Sorte wird die Jaguar-Marie heute noch alljährlich als Göttin der Natur, der Liebe, des Friedens und der Harmonie verehrt.

Aber es geht noch weiter: Evis asiatische Verwandtschaft, der Schabrackentapir, heißt in Thailand „P’som sett“. Das bedeutet soviel wie Mixtur und geht auf den Glauben zurück, der Schöpfer der Welt habe die Tapire einfach aus den Resten zusammengeschustert, als alle anderen Tiere schon fertig waren. Das klingt nicht nett, aber dreht man den Sachverhalt, ist der Tapir das perfekte Tier: Von allem ein bisschen.

Die Inka, die ja auch schon Einiges vorhergesehen haben, pflegten etwa 2000 Jahre lang einen Tapir-Kult. Schamanen rechneten den unsymmetrischen Füßen magische Kräfte zu. Laute Tapir-Schreie im Wald galten als Ausdruck dämonischer und göttlicher Energie. Ihr überdimensionales Geschlechtsteil, machte die Tapirbullen zu Symbolen für Verführung — gut, da kann Evi jetzt nicht mithalten. Aber noch heute gelten Amulette aus Knochen und Zähnen von Tapiren in Ecuador als Glücksbringer für Erfolg in Liebe und Beruf.

Ach ja, getippt hat die mystisch, göttliche Evi nach unserer aufrichtigen Entschuldigung natürlich auch noch: Marmorkuchen, Orangenstücke und Apfel schmeckten ihr ausschließlich aus dem deutschen Fressnapf. Und damit die depperten Orakeldeuter diesmal alles richtig machen, hätte Evi beinahe auch das Fähnchen selbst gegessen. Es kann also keinen Zweifel geben: Deutschland schlägt Griechenland.

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