Die Geschichte des Krefelder Karnevals

Wegen Maskensteuer und Verboten durften Jecke lange nicht feiern. 1927 hatte Krefeld dafür gleich zwei Prinzen.

Krefeld. Das Fastnachtstreiben am Niederrhein und in Krefeld hat eine lange Tradition. Der Karneval dieser Tage hat mit den vornehmen Wurzeln im 14. Jahrhundert aber nicht mehr viel gemein — bis auf den Spaß. Im Jahr 1381 gründete Graf Adolf von Kleve eine erste Narrengesellschaft, einen „Geckenorden“.

Seine Mutter Gräfin Mechthilde lebte auf Burg Linn und übernahm wohl den Fastnachtsbrauch ihres Sohnes. Dieses jecke Treiben fand auch beim Volk großen Anklang — allerdings feierten die Leute etwas wilder als bei Hofe.

Die Einstellung zum tollen Treiben änderte sich über die Jahrhunderte bei den Herrschern in der Grafschaft, denn das Volk trieb es an den Fastnachtstagen zu doll. Bereits im 15. Jahrhundert sollte das Volk durch Polizeiverordnungen im Feiern eingeschränkt werden.

Es folgten noch andere Polizeiverordnungen und Einschränkungen, die in den nächsten Jahrhunderten von Preußen, Oraniern oder Franzosen in Krefeld bekanntgemacht wurden.

Dabei richtete sich das Augenmerk der jeweils herrschenden Fraktion immer wieder auf das Ersteigern von Mädchen, das Herumziehen mit Trommeln und die Fastnachtsspiele. Die stete Wiederholung der Verbote bewies indes nur ihre Unwirksamkeit. Einquartierte Soldaten und die einheimische Bevölkerung kümmerten sich kaum um diese Reglements, obwohl hohe Strafen drohten. In ihrer ersten Besatzungsphase von 1759 bis 1763 feierten die Franzosen in Krefeld von Jahr zu Jahr immer heftiger.

Wieder unter preußischer Regentschaft konzentrierte sich das Fastnachtstreiben auf die Gasthäuser. Während der zweiten französischen Besatzung mussten 25 Prozent der Einnahmen aus Fastnachtsbällen und zehn Prozent der Eintrittsgelder zugunsten der Armen abgeführt werden.

Der Karneval — wie er heute gefeiert wird — verbreitete sich erst ab 1823 von Köln aus. Mit zu den ältesten Gesellschaften im Rheinland gehören die beiden ersten Krefelder Gesellschaften, das „Carnevals-Geniecorps der Alliance“ und „Parlament“ von 1828.

Doch wer sich zu dieser Zeit in Krefeld maskieren wollte, musste zuerst eine Tageskarte von der Stadt erwerben. Ansonsten hätte er bestraft werden können.

Den richtigen Durchbruch erlebte der Karneval 1873 in der Seidenstadt. Ein Prinz wurde proklamiert und ein Rosenmontagszug wälzte sich durch die Straßen. Es blieb jedoch der erste und vorerst einzige Zug durch die Seidenstadt.

Deshalb schielte man 1875 neidisch nach Uerdingen, wo man einen großen Zug organisiert hatte. In Krefeld fanden stattdessen sogenannte Kappenfahrten statt und Sitzungen erfreuten sich regen Zuspruchs. Erst 1897 standen die Jecken wieder am Straßenrand.

Doch der preußische Staat gönnte den rheinischen Narren ihre Lust am Feiern nicht. So musste 1902 eine ,,Maskensteuer“ bezahlt werden und das Werfen von Konfetti und Luftschlangen war bei 30 Mark unter Strafe gestellt. Nach dem Ersten Weltkrieg ereilte die Narren ein Karnevalsverbot. Die Krefelder schlugen der Bürokratie der Belgier ein Schnippchen und feierten munter in den Sälen ihre „Ratssitzungen“. Die Verbote und Einschränkungen wurden erst 1927 aufgehoben.

Bei solchen Nachrichten hätte man vermuten können, dass alle ein besonders fröhliches Karnevalsfest 1927 feiern würden. Doch mit der Proklamation von zwei offiziellen Prinzen entzündete sich ein Riesenkrach unter den heimischen Gesellschaften. Sie konnten sich schlichtweg nicht auf einen Prinzen einigen. Und so wurde einer im Krefelder Hof, der andere in der Stadthalle proklamiert. Am Ende der Session reichten sich die beiden Prinzen immerhin zur Versöhnung die Hand — nach längeren Verhandlungen.

Im folgenden Jahr gab es nach 14 Jahren erstmals wieder ein Zug am Rosenmontag durch die Stadt. 1939 stieg dann der letzte Rosenmontagszug vor dem Krieg. Ende 1946 organisierten sich die Krefelder Narren neu, den ersten Nachkriegsprinzen präsentierte man 1949. ,,Helau!“, schrien die Jecken am Straßenrand wieder 1950. Der Zug konnte sich fünf Jahre nach dem Krieg durchaus sehen lassen, doch sollte erst ab 1959 regelmäßig ein Rosenmontagszug durch die Stadt ziehen.

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