Die Gardejäger vom Südwall verweigerten die Gefolgschaft

In der Krefelder Stadtgeschichte wird die unruhige Zeit der Novemberrevolution beschrieben. Sie dauerte vier Wochen.

Krefeld. Die Novemberrevolution dauerte in Krefeld nicht ganz vier Wochen. Und im Gegensatz zum damaligen Petrograd oder Moskau floss an Niederrhein nicht ein einziger Tropfen Blut. Einzelheiten dieser spannenden Wochen sind dem fünften und letzten Band der Krefelder Stadtgeschichte zu entnehmen. Immerhin zwölf Seiten widmet Autor Heribert Houben diesem historischen Abschnitt der Stadt und seinen Protagonisten.

Der Mitarbeiter des Jahrbuchs "Die Heimat" stützt sich in seinen Recherchen in erster Linie auf die Zeitungen. Das Stadtarchiv war infolge der Kriegszerstörungen für diesen Geschichtsabschnitt sehr lückenhaft. Darauf mag auch zurückzuführen sein, dass die sozialen Rahmenbedingungen kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges in Krefeld nur am Rande eine Rolle spielen.

In der Nacht vom Freitag, 8. auf den 9. November 1918 - soeben hat in Berlin der Kaiser abgedankt, Friedrich Ebert wurde Reichskanzler, Philipp Scheidemann rief die Republik aus - trafen gegen 22 Uhr drei Marinesoldaten aus Köln in Krefeld ein. Der große Soldatenrat hatte sie entsandt.

Die Wache einer Notkaserne im Restaurant Kühler auf dem Westwall schloss sich ihnen an. Die Gardejäger, die ihren Sitz am Südwall haben, verweigerten sich jedoch. Über das Bataillonsbüro auf dem Ostwall, dort wurde eine Handgranate mitgenommen, ging es zur Kaserne auf der Luisenstraße. Dort wurden Militärgefangene befreit.

Etwa je 100 Soldaten aus der Luisen- und der Mariannenkaserne schlossen sich dem jetzt rund 300 Köpfe starken Zug an. Über Rhein- und Friedrichstraße führte der Zug zum Mannschaftsdepot in der Wirtschaft Mehls an der Drießendorfer Straße, weiter zur Husarenkaserne und zum Gefängnis in der Nordstraße, wo weitere 100 Gefangene befreit wurden. Gegen vier Uhr morgens kehrten die Soldaten wieder in ihre Unterkünfte zurück.

Am Samstag waren einzelne Soldaten- und Arbeitertrupps in den Straßen zu sehen, hier und da auch eine rote Fahne. Rund 2000 Menschen trafen sich in der Stadthalle und hörten eine Rede des Gewerkschafters und Vorsitzenden des Sozialdemokratischen Vereines, Johann Thabor, der Maurer war.

Er verlangte Frieden, Demokratie, die Ausrufung einer "deutschen Bundesrepublik" sowie die Überwindung der Spaltung der sozialistischen Parteien. Thabor verlangte jedoch auch den Schutz von Leben und Eigentum.

Einstimmig wurde schließlich der Arbeiter- und Soldatenrat gewählt. Acht Mitglieder bildeten dann einen "engeren Ausschuss". Dazu gehörten: Theodor Alfers, Adolf von den Berg, Ludwig Theissinger, Joseph Dyck, Karl Knippel, Karl Kuhwald, Arthur Mebus und Johann Thabor.

In der Zeitung "Volkstribüne" erschien ein Aufruf: "Auch unser Krefeld ist nicht verschont geblieben von den gewaltigen Umwälzungen, die sich in den jetzigen Tagen in Deutschland vollzieht. Seid einig! Marschiert geschlossen!"

Gegen 10 Uhr am folgenden Sonntag versammelten sich auf dem Sprödentalplatz zwischen 6000 und 8000 Menschen. "Arbeiter, Soldaten, Bürger, eine kleinere Zahl Frauen."

Thabor und der Unteroffizier Ernst sprachen zu den Menschen. Von Frieden war die Rede, von der Beseitigung des Kapitalismus, von der "Revolution ohne Blutvergießen". Nach einer halben Stunde war die Kundgebung beendet.

Der Autor kam zu dem Schluss, dass die Sozialdemokraten wie auch die Soldaten "sehr mäßigend gewirkt" hätten.

Die Werktätigen jedenfalls kehrten am darauf folgenden Montag wieder zurück an ihre Arbeitsplätze. Bis zur Besetzung durch belgische Soldaten ab dem 7. Dezember 1918 gab es in Krefeld und Uerdingen keine ernsten Zwischenfälle.

Der französische Marschall und Oberkommandierende der Alliierten, Ferdinand Foch, gab den Befehl, "die Arbeiter- und Soldatenräte mit Waffengewalt auseinander zu treiben und ihre Mitglieder bei der Fortsetzung ihrer bolschewistischen Tätigkeit festzusetzen."

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