Der Abschied vom Chefsessel

Dr. Herbert Stuckstedte geht als ärztlicher Direktor der Klinik Königshof in den Ruhestand. Er betritt Neuland.

Der Abschied vom Chefsessel
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Zum ersten Mal ist Dr. Herbert Stuckstedte auf etwas nicht gut vorbereitet: auf seinen eigenen Ruhestand. Am Mittwoch wird der Chefarzt der Klinik Königshof in einer Feierstunde offiziell verabschiedet. An Silvester ist dann endgültig Schluss. „Ich bin eine Arbeitsmaschine“, sagt der 66-Jährige von sich selbst, der in den letzten Jahren verstärkt Menschen mit Burn-out-Syndrom geholfen hat. Was er für sich tun konnte, um nicht im aufreibenden Job zu verbrennen, erzählt er offen und entspannt bei einer Tasse Kaffee.

Mit offenem, freundlichem Blick sitzt Stuckstedte am Tisch. Vor vier Jahren, bei seinem Wechsel aus Neuss an das Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Neurologie und Psychotherapie in Königshof, beschrieb ihn der Geschäftsführer der St.-Augustinus-Fachkliniken, Dr. Martin Köhne, als kollegial, kompetent und umsichtig. Eigenschaften, die Geschäftsführer Michael Novotny vier Jahre später immer noch kräftig unterstreicht.

„Ich gehöre nicht zu den Chefärzten alter Prägung, die bestimmte Lehrmeinungen dogmatisch weitergeben und jüngere Kollegen rüffeln und rügen“, sagt Stuckstedte ohne Allüren. Er beriet schon in Zeiten, in denen das Wort Teamgeist noch unbekannt war, Kollegen und suchte gemeinsam mit ihnen nach Lösungen. Doch auch vor alleinigen Entscheidungen schreckte er nicht zurück.

Nach fast zwei Jahrzehnten zunächst als Ärztlicher Leiter und später als Ärztlicher Direktor des St.-Alexius-/St.-Josef-Krankenhauses Neuss gefällt ihm am Krefelder Haus vor allem die Größe. „Mit 145 Betten kann man dieses Krankenhaus bis ins Detail überschauen.“

Nach dem plötzlichen Tod von Dr. Helmut Schönell im Jahr 2008 und dem kurzen Intermezzo von Dr. Gerhard Friedrich hatte Stuckstedte 2010 mit Tatendrang die Aufgabe des Chefarztes übernommen.

Vor allem das Behandlungsangebot bei Depressionen, Ängsten und Psychosen hat er ausgebaut. Eine Besonderheit seitdem sind muttersprachliche ambulante Angebote für türkisch- und russisch-stämmige Bürger. „Das ist sehr gut angekommen.“ Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Zusammenarbeit der Tagesklinik Königshof mit dem Helios-Klinikum. Dabei besuchen Psychiater Patienten im Helios, die in den Kliniken der Inneren Medizin, Onkologie, Palliativmedizin sowie der Kardiologie neben physischen auch starken psychologischen Nöten ausgesetzt sind.

Ab Januar ist für Stuckstedte nun damit Schluss. Konkrete Pläne für die Zukunft hat er noch nicht. „Ich möchte lernen, mich meiner Endlichkeit zu stellen.“ Nach Jahrzehnten der täglich zehnstündigen Arbeit sei das Neuland für ihn.

Er hat nun ausreichend Zeit für seine Frau Heidi und seine inzwischen erwachsenen drei Kinder. So wie auch Zeit für Sport, Reisen und das Lesen. „Ich habe immer sehr viel und sehr gerne gelesen und daraus in stressigen Zeiten meine Kraft geschöpft“, erzählt Stuckstedte. Ob historische Romane, Sachliteratur oder außergewöhnliche Formate wie das 2200 Seiten umfassende Buch „Der Mann ohne Eigenschaften“. Ein Titel, der auf ihn persönlich aber so gar nicht zutrifft.

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