Das Provinztheater in Oslo

Die Krefelder Band spielt am Samstag beim Eurovision Song Contest – vor den Toren der Telenor-Arena.

Krefeld. Ganz Europa redet von Lena, dabei sollten die deutschen Hoffnungen für den Eurovision Song Contest 2010 auf ganz anderen Schultern ruhen. "Na klar, auf meinen", würde Pawel alias Nicolai Skopalik bestimmt sagen, wenn man ihn im Moment fragen könnte.

Kann man aber nicht. Während sich die Medienmaschine in immer schnellerem Tempo um die kesse Hannoveranerin Lena dreht, ist nämlich auch der Krefelder Skopalik klammheimlich mit seiner Band Provinztheater nach Oslo, dem Austragungsort des großen Musikwettbewerbs, aufgebrochen.

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag hat sich das Sextett mit zwei Autos Richtung Norwegen auf den Weg gemacht. Es sind ja nur schlappe 1291 Kilometer bis Oslo. Das Spritgeld hat sich die Band mit Straßenmusikauftritten erspielt. Die Musiker selbst sagen, sie hätten mit ihren Gigs in diversen Fußgängerzonen der Republik "einen Volksentscheid" herbeigeführt, der sie und nicht Lena als deutsche Vertreter beim Wettbewerb bestimmt.

Das Tingeln hat 280 Euro in die Spritkasse der Band gespült, die ihren Stil als eine Mischung aus "Kartoffelrock und Rumpelpolka" bezeichnet. Für die Rückfahrt werden sie dann wohl noch ein paar Mal den Hut hinhalten müssen.

Das etwas wahnwitzige Unternehmen begann damit, dass sich Provinztheater am Casting für die deutsche Vorentscheidung "Unser Star für Oslo" beworben hatte - erfolglos. Und alles wäre auch damit zu Ende gewesen, hätte nicht eine Fernsehzeitung ihren Programmtipp für die Fernsehsendung mit einem Foto der gescheiterten Krefelder geschmückt. Das weckte ihren Ehrgeiz.

Bis nach Hamburg hat sie ihr Bestreben, das Spritgeld aufzutreiben, gebracht. So tauchten sie denn auch schon in einem NDR-Fernsehfeature zum Eurovision Song Contest auf. Und wenn am Samstag Millionen Fernsehzuschauer und 23000 Gäste in der Osloer Telenor Arena erleben, ob Lena gewinnt oder nicht, dann stehen Nicolai Skopalik und Provinztheater auf dem Parkplatz vor der Halle und schmettern ihre Lieder in den sommerlich hellen Abendhimmel.

Dass sie am hartnäckigsten und bis zur letzten Sekunde für ihre Teilnahme am Contest gekämpft haben, das kann ihnen keiner mehr nehmen.

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