Dante lauert in der „Bildungslücke“

Das Denkmal steht jetzt wischen Mediothek und Theater.

Krefeld. In Mailand steht er auf dem Hof der berühmten Bibliotheca Ambrosiana, in Krefeld muss man ihn lange suchen. Versteckt in einer Nische zwischen Mediothek und Theater scheint das Krefelder Dante-Denkmal nach mehreren sanierungsbedingten Standortwechseln seinen endgültigen Platz gefunden zu haben.

Vom Theaterplatz aus kann man den großen Geist nur durch die Glasscheiben des frisch renovierten Foyers entdecken. Fast trotzig wirkt der hoch erhobenen Kopf der Statue, die etwas düster Richtung Mediothek blickt.

"Krefeld ist eine Dante-Stadt", schreibt der Philologe Hans Bungarten 1997 in der Zeitschrift "Die Heimat". Er fügt hinzu, dass diese Tatsache vielen Krefelder Bürgern nicht bewusst sei. Bungarten spielt auf das Jahr 1947 an, als die Deutsche Dante-Gesellschaft auf Einladung des hiesigen Bibliotheksdirektors Friedrich Schlüter ihren Sitz von Weimar nach Krefeld verlegte. In inzwischen dreijährigem Turnus finden hier die Tagungen der Gesellschaft statt, zuletzt im Jahr 2007.

Schlüter war ein begeisterter Dante-Anhänger, gemeinsam mit dem Romanisten Werner Ross gründete er einen Dante-Kreis, bei dem regelmäßig Lektüre betrieben wurde. Diese inzwischen legendäre "Lectura Dantis", die auch Bungarten viele Jahre geleitet hat, hat bis heute Bestand.

Eng mit der Krefelder Dante-Tradition verbunden ist die Geschichte des Denkmals. 1965, anlässlich des 700.Geburtstages des Dichters, wurde es im Innenhof der alten Stadtbücherei aufgestellt. Die große Bronzeskulptur wurde vom italienischen Bildhauer Giannino Castiglioni entworfen. In Mailand befindet sich der bereits erwähnte Erstguss.

Das Krefelder Exemplar ist keine bloße Kopie, sondern ein vom Künstler autorisierter Zweitguss. Zugleich handelt es sich um das einzige Dante-Denkmal nördlich der Alpen - eine besondere Ehre für die Stadt, die sich damit immer etwas schwer getan hat. Bereits bei der Enthüllung gab es kritische Stimmen, denen das klassische Bronzewerk zu wenig modern war.

Auch der Standort ist oft diskutiert worden. Beim Abriss der alten Stadtbücherei wanderte der Dichter ins benachbarte Theater, wo er in einer dunklen Ecke des Foyers abgestellt wurde. Jetzt ist er wieder im Freien. Bungarten, der sich jahrelang im Namen der Dante-Gesellschaft für einen Dante-Platz eingesetzt hat, nimmt es mit Humor: "Jetzt steht er in der Bildungslücke zwischen Bibliothek und Theater."

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