Meinung Die CDU sitzt im Glashaus

Was für ein Sommertheater. Die CDU möchte also nicht mit Linksextremen feiern. Na und? Das ist ihr gutes Recht. Mit wem ich mich an einen Tisch setzen möchte, entscheide ich selbst. Blöd nur, wenn ich bei allem nachvollziehbaren Eifer gegen Linksextremismus vergesse, meinen eigenen Hof zu kehren.

 Ein Kommentar von Michael Passon.

Ein Kommentar von Michael Passon.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Diese inszenierte Absage wirft dringende Fragen auf.

Warum fällt der CDU das nach vielen Jahren des Bündnis-Engagements ausgerechnet jetzt ein, zwei Monate vor der Bundestagswahl? Was genau haben DKP und MLPD, zweifellos keine Anhänger unserer Gesellschaftsordnung, mit den Krawallen in Hamburg zu tun? Worin begründet sich die Behauptung, Krefelds stärkste Kraft gegen Rechts zu sein? Wie viel Einfluss hat der Konservative Kreis um Gerald Wagener und Gregor Kathstede auf die CDU-Spitze, die mit Kopf und Tank ohnehin täglich zwischen Düsseldorf und Krefeld pendelt?

Zudem grüßt das Glashaus: In der Tat hat die CDU Krefeld am anderen Ende des politischen Spektrums parteiinterne Probleme. Nicht nur den mühsam besänftigten Konservativen Kreis, der vorerst großzügig von einer Anti-CDU-Kampagne zur Bundestagswahl abgesehen hat. Auch eine Art Mini-K3, der trotz mehrfacher Verwarnung nicht einzufangen ist, sich von der AfD zur Ministerpräsidentenwahl einladen lässt und im Netz fleißig weiter gegen Flüchtlinge und eigentlich alles geifert, was „links“ vom rechtskonservativen CDU-Flügel steht. Dieser Nachwuchs hat die plakative Fest-Absage jetzt natürlich als Steilvorlage genutzt und darf sich bestätigt fühlen. So bekommt die CDU dieses Problem niemals in den Griff. Wenn sie es überhaupt will.

Zurück zum Boykott: Wenn es wirklich um die ja nachvollziehbare Sache gegangen wäre, hätten sich souveräne Christdemokraten mit dem Bündnis für Toleranz und Demokratie lautlos zusammengesetzt und dessen Leitung und jahrelangen CDU-Partner Ulrich Knur die Absage und die Gründe nähergebracht. Das Bündnis über einen teils populistisch formulierten Brief über die Presse zu informieren, hat keinen Stil.

Jetzt ist die CDU Krefeld Antworten schuldig. Mehr als Allgemeinplatz-Passagen einer Meincke-Rede von vor sechs Jahren, mit der sie einen ersten kläglichen Rechtfertigungsversuch startete. Im Tennis nennt man das „unforced error“.

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