Beim Stadtbummel gibt’s Medizin für die Seele

Reggae, Pop und Klassiker – wenn die Sonne scheint, verschönert Musik den Einkauf.

Krefeld. Man hört ihn lange, bevor man ihn sieht; Klarinettenklänge legen sich über die Popmusik der Läden. Ein Mann, die grauen Haare streng zurückgekämmt, sitzt auf einem ebenfalls grauen Klappstühlchen am Rande der Hochstraße. Ein Koffer steht vor ihm, in der kleinen Schale stapeln sich neben Cents auch Ein- und Zwei-Euro-Stücke. Ein Radio dudelt leise, passend dazu spielt Straßenmusiker Sofroni einen Tango.

Es ist Nachmittag. Wenn der 75-Jährige spielt, hetzen die meisten Menschen vorbei, mit Einkaufstaschen behangen oder in Gedanken schon beim nächsten Termin. Die Puste geht ihm nicht aus. "Ich spiele ja schon seit 65Jahren", sagt er lächelnd und in gebrochenem Deutsch; er kommt aus Bulgarien. Aber er spielt Universalmusik, englische, spanische und italienische Lieder. Wie viel Geld man dabei verdient? Er lacht und klopft sich auf die Brust, fürs Leben reicht es.

Einige Geschäfte weiter, ebenfalls auf der Hochstraße. Helmut, wie er sich nennt, haut in die Tasten eines kleinen tragbaren Keyboards und singt mit geschlossenen Augen von grünen Hügeln, die hellen Locken unter einer weißen Kappe versteckt. Er bringt es auf den Punkt: Nicht des Geldes wegen mache er das, sondern für sich selbst. Und natürlich für die Passanten.

"Viele sind so einsam. Ich will sie mit der Musik berühren. Das ist wie Medizin für die Seele." Reggae, Blues, Rock, Jazz, Klassiker, vorzugsweise Marius Müller-Westernhagen - er hat an die 500Lieblingslieder, die er zum Besten gibt. "Was soll ich in einem stickigen Proberaum vor die Wand spielen? Hier gibt’s viel Luft, nette Zuhörer und ich sehe was von der Stadt."

Nach einiger Zeit muss Helmut weiterziehen: Länger als 30Minuten dürfen Straßenmusiker nicht auf einer Stelle spielen, um Geschäftsinhaber und Kunden nicht zu stören.

Überhaupt muss man als Straßenmusiker so einiges beachten: "Sie dürfen nicht mit Tonträgern oder Verstärkern auftreten", sagt Dirk Senger, Sprecher der Stadt. "Auch aggressives Betteln im Rahmen des Musizierens ist nicht erlaubt."

Probleme gebe es jedoch selten, da die Musiker meist wissen, was erlaubt und was verboten ist. Und wenn der Kommunale Ordnungsdienst wegen einer Beschwerde dann doch einmal eingreifen muss, dann wechseln die Musiker einfach ihren Standort: Lösung gefunden.

Wer den spätsommerlichen Einkauf mit Straßenmusik genießen möchte: Meist wird an der Rheinstraße, auf dem Neumarkt, der Hochstraße und in der Nähe von Uerdinger Geschäften musiziert.

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