Karneval darf nicht alles : In der Bütt: Wenn die Grenze des Anstands überschritten wird
Der Karneval darf trotz aller Blödelei viel, aber nicht alles. Mancher Redner vergreift sich im Ton und nimmt statt der Verantwortlichen die Opfer aufs Korn.
Düsseldorf. Am Freitag erlebt die Saalfastnacht der Öffentlich-Rechtlichen wieder ihren Höhepunkt: Das ZDF überträgt „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“. Hochpolitisch und stockkonservativ ging es in den Glanzzeiten beim Prunksitzungsdino zu. Doch Mainz ist nicht mehr Mainz, die Zeiten sind andere. So oder so wird aber eine bunte Sause mit allem Pipapo versprochen, wenn der Präsident den Weinrömer hebt und wieder schelmisch fragen wird: „Wolle mer’n eroilasse?“
Die Mutter aller Fernsehfastnachtformate will nach wie vor nicht nur die närrischen Gäste auf den Stuhlreihen zum Schunkeln bringen, sondern auch die Fans der Polit-Satire bedienen. Doch in einer Gesellschaft, die für moralische Fragen immer sensibler und in der die öffentliche Kontrolle immer größer wird, haben es auch die Spaßmacher schwerer. Und so sind gute Redner, die vor heiklen Themen nicht zurückschrecken und mehr zu bieten haben als weichgespülte Fröhlichkeit, rar geworden.
Wer in die närrische Bütt steigt, muss nicht Richling oder Rogler heißen, ein feines Näschen für den Zeitgeist sollte er dennoch besitzen, um die Balance zwischen Witz, Überzeichnung und harten Tatsachen zu halten. Doch welcher Redner setzt klare Kante, und wer liegt komplett daneben?
In der vergangenen Session sorgte Büttenredner Jupp Menth alias „Ne kölsche Schutzmann“ für Wirbel. Er beleidigte die damalige Grünen-Chefin Simone Peter, nannte sie wegen ihrer Kritik am Kölner Silvester-Einsatz ein „Arschloch“. Und ätzte über ihre Parteikollegin Claudia Roth, sie werde wegen ihrer bunten Klamotten in der Paarungszeit vom Buntspecht angeflogen, obwohl sie ornithologisch vom Vögeln gar keine Ahnung habe. Die Empörung war groß. Menth packte Polizeiuniform und Pickelhaube ein, trat von der Narrenbühne ab.
Ende Januar hielt Hessens Innenminister Peter Beuth eine Büttenrede, in der er über minderjährige Flüchtlinge herzog. Beuth ist zwar im wahren Leben CDU-Mann und kein Meister der geschliffenen Reimkunst, doch weil er völlig unsensibel auf die Schwächsten zielte, hagelte es reichlich Kritik. Wörtlich sagte Peter Beuth: „Vor dem Flüchtlingsverwalter verschleiert mancher gern sein Alter. / Das stellt unseren Staat fast bloß, macht Bürger ganz verständnislos. / Manch Flüchtling in ’nem Jugendheim, könnt fast eher Rentner sein.“