Vereitelter Terroranschlag Warum wählten die IS-Terroristen Düsseldorf aus?

Düsseldorf. Was die Ermittler über den angeblich in Düsseldorf geplanten Anschlag wussten, war sehr konkret: Heinrich-Heine-Allee, zwei Sprengstoffwesten, weitere Attentäter mit Gewehren.

Polizisten mit einem der Terrorverdächtigen, die einen Anschlag in der Düsseldorfer Alstadt geplant hatten.

Polizisten mit einem der Terrorverdächtigen, die einen Anschlag in der Düsseldorfer Alstadt geplant hatten.

Foto: Uli Deck

Doch eine Frage lassen die Informationen der Generalbundesanwaltschaft offen: Warum Düsseldorf? Angesichts strahlkräftigerer Events wie Berliner Fanmeile oder Münchener Oktoberfest fühlte man sich am Rhein bislang sicher. Zu Unrecht, wie es jetzt scheint.

Denn wenn zutrifft, was die Ermittler sagen, waren die potenziellen Attentäter absolut fokussiert. Hinweise auf alternative Ziele gebe es nicht, sagt ein Sprecher des Generalbundesanwalts unserer Zeitung. Es existiere nur „ein konkreter Anschlagsplan“ für die Düsseldorfer Altstadt. Auf das Warum heißt es aus Karlsruhe indes nur: „Dazu haben wir keinerlei Erkenntnisse.“

„Das ist in der Tat die große Frage“, sagt Elmar Theveßen, ZDF-Terrorismusexperte und Autor verschiedener Werke zum Thema, auf Anfrage unserer Zeitung. Die Heinrich-Heine-Allee als Ziel sei nur plausibel, wenn damit der U-Bahnhof gemeint wäre. Denn die Straße selbst sei nicht belebt genug, da kämen die benachbarten Fußgängerzonen eher infrage. Aber er sagt auch: „Düsseldorf macht schon Sinn.“ Vor allem weil man um zahlreiche Salafisten aus dem direkten Umland wisse, die in den Dschihad gezogen sind.

„Das spielt eine große Rolle“, meint Theveßen. Denn sie könnten vor Ort verbreitet haben, wie belebt die „Längste Theke der Welt“, wie die Altstadt auch genannt wird, ist — aber nicht so abgeriegelt wie etwa eine Berliner Fanmeile. Das Beispiel Paris habe gezeigt, so Theveßen: „Es kann gegen jeden gehen, der sich vergnügen will.“ Und nach dem Aufdecken der Düsseldorfer Terrorzelle 2011 sei auch klar, dass die NRW-Landeshauptstadt auf der Landkarte der Drahtzieher steht — auch damals sei Düsseldorf selbst mögliches Ziel eines Anschlages gewesen.

Auch Dr. Stephan Humer, Vorstand des Netzwerkes Terrorismusforschung, sieht die umtriebige Salafistenszene in NRW als möglichen Grund für die angebliche Wahl Düsseldorfs. Aber nicht nur sie: „Es sind immer wieder Ziele, die vermeintlich sicher sind, aber doch attraktiv“, erklärt er. „Damit wird bewusst die Botschaft transportiert: Es gibt kein sicheres ,Hinterland’.“ Und schließlich sei das Streuen von Unsicherheit und Angst oberstes Motiv der Terroristen.

Elmar Theveßen warnt aber auch davor, jetzt Panik zu verbreiten. Bislang gehe es hier um die Aussage eines einzelnen Mannes. „Das ist erst einmal mit Vorsicht zu genießen“, rät der Experte. Und: „Es ist kein Anschlag vereitelt worden, sondern möglicherweise eine Planung unterbrochen.“

Mit Blick auf den Start der Europameisterschaft in der kommenden Woche sagt Theveßen: „Die Sicherheitsbehörden sagen übereinstimmend, dass es keine Hinweise auf Anschlagsplanungen konkret zu dieser EM gibt.“ Allerdings stehe fest: Die Motivation in den Reihen des IS sei hoch, die Möglichkeit, an Waffen und Sprengstoff zu gelangen, definitiv gegeben. Die EM gelte für ihn daher als „ein Zeitraum, in dem die Gefahr besonders groß ist“.

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