70 Jahre Landeshauptstadt Volkshochschule: Mit Lebenshilfe nichts am Hut

Als die VHS vor 70 Jahre neu gegründet wurde, stand die „geistige Bildung“ im Zentrum. Heute will sie Orientierung geben.

70 Jahre Landeshauptstadt: Volkshochschule: Mit Lebenshilfe nichts am Hut
Foto: Stadtarchiv

Düsseldorf. Bollywood, Klavier für Ü-50-Jährige, Fachoberschulreife, Theaterspielen, Philosophie als Lebenskunst — das Programm der Volkshochschule Düsseldorf ist enorm. In seiner Vielfalt birgt es Kurse und Qualifizierungsmaßnahmen, auf die man erst einmal kommen muss. Der Grundsatz ist jedoch klar: Die Einrichtung soll und will den Düsseldorfern eine Orientierungshilfe geben im komplexen Großstadtleben, das bekanntermaßen allerhand Gewöhnungsbedürftiges bereit hält.

70 Jahre Landeshauptstadt: Volkshochschule: Mit Lebenshilfe nichts am Hut
Foto: Judith Michaelis

Die Volkshochschule, wie wir sie heute kennen, ist Begegnungsstätte für Menschen, die sich am liebsten in Gesellschaft weiterbilden, und sie bemüht sich wiederum mit der Entwicklung neuer Angebote, um selbst inspirierend in die Gesellschaft hineinzuwirken.

Im Kern galt der heute differenzierte Bildungsanspruch schon 1919, als in ganz Deutschland und auch in Düsseldorf die Volkshochschulne gegründet wurde. Jahre später, während des dunkelsten Kapitels deutscher Geschichte, erklärten die Nazis die VHS allerdings zur „Volksbildungsstätte Düsseldorf“ und verpassten ihr ein Logo, auf dem das Reiterstandbild Jan Wellems zu sehen war, samt Hakenkreuz, das über seinem Kopf schwebte.

Nach dem Krieg traten die britischen Besatzer für die Neugründung der Volkshochschule ein, der Festakt fand am 5. Mai 1946 in der Aula des heutigen Luisen-Gymnasiums statt, das dann vorläufig als Veranstaltungsort der Einrichtung diente.

„Die ersten Programme waren vergleichsweise klein“, sagt Martin Menges, Fachbereichsleiter bei der VHS. „Bildungsbürgerliche Kultur-Vorträge, die von Universitätsprofessoren gehalten wurden, standen im Mittelpunkt.“ Die direkte Vergangenheit behandelte man zu diesem frühen Zeitpunkt nicht. „Wer hätte das auch tun sollen? Den Briten war vor allem daran gelegen, einem Volk, das eine ungeheuere Last auf seinen Schultern trug, Orientierung in einer Welt zu bieten, die zerbrochen war“, sagt Menges. „Es wurde über Goethe gesprochen, die Pyramiden, über fremde Länder. Die Sehnsucht nach einer anderen Welt war damals sehr stark.“

Bis in die 1960er Jahre hinein galt es, rein intellektuellen Ansprüchen gerecht zu werden. Nahezu verpönt war es, ökonomisch verwertbare Interessen zu verfolgen. Keine Prüfungen, keine Zertifikate. Daran, heißt es, habe auch der damalige VHS-Direktor Jörg Mager nicht unbedingt etwas ändern wollen. Er leitete die VHS Düsseldorf von 1951 bis 1968 und soll mehrfach vergeblich von der Politik aufgefordert sein worden, das Programm etwas weniger akademisch und stattdessen lebenspraktischer zu gestalten.

Traditionell stark vertreten sind seit jeher die Sprachen. „Das war schon zur Zeit der Weimarer Republik der Fall“, sagt Menges. Und sei heute aktueller denn je, weil Düsseldorfer zunehmend internationaler werde. So habe sich die Zahl der Japanisch-Schüler und -Kurse in den vergangenen zehn bis 15 Jahren verdreifacht. Die heute besonders stark nachgefragten Bereiche — Sport, Gesundheit, Qualifizierung — spielten in den Jahren der Neugründung nach dem Krieg keine Rolle. „Es ging ums Handwerkliche wie Kochen und Keramik oder um geistige Bildung“, erklärt Menges.

Mit der seit Mitte der 1960er Jahre sich verändernden Gesellschaft jedoch, einer steigenden Arbeitslosenquote und einer grundsätzlichen Hinwendung zum Alltag modifizierte auch die VHS ihr Angebot. Bei diesem Grundsatz ist es bis heute geblieben, wie Simone Bruns, die Leiterin der VHS Düsseldorf, bekräftigt. „Wir reagieren auf die gesellschafts-politischen Bedürfnisse, aber unsere Fachbereichsleiter entwickeln ebenso gut Trends.“

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