U-Bahn-Pfusch - Rätselraten um die falschen Protokolle

Das Motiv der Beschuldigten ist völlig unklar. Die Bezirksregierung prüft alle bisherigen U-Bahn-Bauten.

Düsseldorf. Der Pfusch beim Bau der Wehrhahn-Linie stellt alle Verantwortlichen vor ein Rätsel: Niemand kann sich erklären, welches Motiv die beiden beschuldigten Poliere von Bilfinger Berger haben könnten.

Wie die WZ berichtete, hat die Stadt gravierende Mängel festgestellt und Anzeige erstattet. Es geht um den Bau der Schlitzwände an künftigen U-Bahnhöfen.

Bei sechs von 541 Abschnitten ist unklar, ob alle nötigen Metallteile ordnungsgemäß eingebaut wurden, zudem wurden bis zu 27 von 413 Protokollen gefälscht. Aber: Metallklau in großem Stil - wie etwa in Kölner - wird ausgeschlossen.

Doch weshalb sonst sollte jemand Protokolle fälschen? Im Rathaus wird in alle Richtungen gedacht - von Schlamperei bis Sabotage scheint nichts ausgeschlossen. Auch die Staatsanwaltschaft hat noch keine Idee. Sprecher Johannes Mocken sagt: "Wir prüfen derzeit, ob ein Anfangsverdacht besteht."

Klar scheint, dass Baugefährdung als Tatvorwurf ausscheidet. Da die betroffenen Schlitzwand-Abschnitte noch keine tragende Funktion haben, gebe es derzeit keine akute Gefahr. Auch ein Betrugsvorwurf ist eher unwahrscheinlich - denn dass Protokolle gefälscht wurden, bedeutet nicht automatisch, dass Wände nicht korrekt gebaut wurden. Bleibt vorerst der Vorwurf der "Fälschung von technischen Aufzeichnungen". Diese wird mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet.

Engen Kontakt halten die Staatsanwälte zu ihren Kölner Kollegen, einer der beiden Beschuldigten war auch dort tätig. Am Montag werden zwei Düsseldorfer Staatsanwälte in die Domstadt fahren, um sich mit den Kollegen zu beraten.

Die Bezirksregierung hat angekündigt, auch alle fertigen U-Bahn-Bauwerke in Düsseldorf zu überprüfen - obwohl die Stadt nichts davon hält. Baudezernent Gregor Bonin hatte erklärt: "Für fertige Bauwerke gibt es eine Unterhaltungs- und Kontrollpflicht, es wird also regelmäßig geprüft. Wenn da etwas gefährlich sein könnte, sieht man das."

Dennoch hat die Bezirksregierung bei der Stadt nachgefragt, welche Unternehmen beim bisherigen U-Bahn-Bau beteiligt waren - und wie gebaut wurde. "Wir sind uns mit dem Ministerium einig, dass es sich lohnt, alles nochmal genau anzusehen", erklärt Sprecher Bernd Hamacher. Stoße man auf parallele Bauweisen wie in Köln, werde man prüfen, ob die Standsicherheit gewährleistet sei.

Unklar ist indes, wie die Aufsicht bei der aktuellen Baustelle organisiert wird. Die Bezirksregierung, hatte sie an die Stadt übertragen, will sie wieder an sich ziehen. Dies sei kein Zeichen des Misstrauens, es habe sich aber gezeigt, dass es nicht sinnvoll sei, die Aufsicht dem Bauherren zu überlassen.

Ob die Bezirksregierung externe Gutachter hinzuzieht, ist laut Hamacher noch nicht ausgemacht. Aber: "Es werden von uns überprüfte Tiefbauingenieure sein, die täglich vor Ort sind."

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