Hip-Hop in Düsseldorf Sebastian Morgner: Er verkauft Sneakerträume für alle

Das Geschäft mit der Hip-Hop-Mode brummt. Man kann sie auch tragen, ohne Rap zu hören, glaubt Sebastian Morgner vom Afew-Store.

Hip-Hop in Düsseldorf: Sebastian Morgner: Er verkauft Sneakerträume für alle
Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. In der Luft liegt gediegener Hip-Hop von Joey Bada$$, auf einem weißen Sockel in der Mitte des Raumes und an den erleuchteten Wänden bis unter die Decke stehen Schuhe. Nicht irgendwelche Schuhe. Sneaker. Die Träume großer Rapper und kleiner Jungen. Als der Afew-Store an der Oststraße vor acht Jahren öffnete, bestand er aus ein paar Brettern an der Wand. Jetzt gibt es einen großen Online-Shop für Streetwear und regelmäßig Riesenschlangen samt Verkehrschaos und Polizeieinsatz vor der Tür, wenn wie zuletzt Anfang Juni ein limitierter, von Kanye West designter Adidas-Turnschuh geliefert wird. Das Geschäft, sagt Sebastian Morgner (34) von Afew, profitiert von der Tatsache, dass Hip-Hop-Klamotten heute weitaus breiteren Anklang finden als Hip-Hop selbst.

Düsseldorf ist — selbst abseits des totalen Kö-Klischees — nicht unbedingt als Streetwear-Metropole bekannt. Auch nicht als Hip-Hop-Hochburg. Dass das Geschäft trotzdem brummt, erklärt sich Sebastian Morgner vor allem dadurch, dass gar nicht nur der typische Streetwear-Schluff oder Rap-Fanatiker in den Laden kommt.

Neulich sei es ein Anzugträger gewesen, der für 2000 Euro 15 Paar Schuhe kaufte. „Wir dachten, der hätte die Kreditkarte geklaut und haben ihn erst mal gegoogelt“, lacht er. „Da kam raus, er ist Vorstandsvorsitzender von einem Multimillionen-Konzern.“ Genauso aber gehöre die Mutter mit kleinem Töchterchen, das ein paar besondere Turnschuhe will, zu den Kunden. Und wenn limitierte Sneaker-Editionen hunderte Menschen vor das Schaufenster holen, „dann kommt wirklich Hinz und Kunz“. Bei der letzten Aktion dann vom knallharten Kanye-West-Fan bis zum Geldanleger — denn die Schuhe steigen im Wert meist stark an.

Gut getan hat die neue Tragbarkeit der Mode, glaubt Morgner. „Die Hip-Hop-Klamotte ist nicht mehr wie vor zehn Jahren. Es ist schicker geworden. Und man fällt nicht mehr gleich ins Auge.“ Das war damals mit Jogginganzügen aus Nickistoff oder extrabreiten Baggyjeans mit extrabreiten T-Shirts anders. Jetzt in engeren, zum Teil knallengen Hosen und zwar langen, aber auch eher anliegenden Shirts — wie berühmte Rapper es vorleben — könne man sich schon eher sehen lassen. Auch wenn man mit seinem Stil kein klares Bekenntnis zur Hip-Hop-Musik ablegen möchte.

Und das tun ja heutzutage selbst Rapper mitunter nicht. „Hip-Hop wird immer mehr in die Poprichtung gedrückt“, sagt Morgner. Beweis? All die Stars des Genres, die schon mit House-DJ David Guetta zusammengearbeitet und damit die Charts gestürmt haben. „Die Genres verschmelzen“, glaubt der Afew-Mann. Und die Mode folge der Musik: „Das spiegelt sich definitiv wider.“

So trägt den typischen All-Black-Look der Hip-Hop-Kids (schwarze Hose, schwarzes Shirt) kombiniert mit knalligen Sneakers heute auch das Publikum elektronischer Musik.

„Oft sieht man den Leuten gar nicht mehr an, ob sie Hip-Hop oder Elektro hören“, sagt Sebastian Morgner. Und das geht ja auch völlig in Ordnung, wenn selbst ein Kanye West mit Iron-Maiden-Shirt es auf der Bühne vormacht oder ein Jay-Z in Anzug.

Aber nicht nur die Verschmelzung der Genres spiegelt sich in der Mode — auch das Erwachsenwerden des Hip-Hop. „Guck dir Lil Wayne an“, sagt Morgner. „Früher ein krasser Gangsta-Rapper — jetzt ein ganz lieber Junge, der Skateboard fährt.“

Die Mode der Skater habe ohnehin einen großen Einfluss auf die Hip-Hop-Mode. Aber eben auch das In-den-Hintergrund-treten von Beef und Blingbling. Es geht im modernen Rap nur noch marginal ums gegenseitige Abknallen.

Und parallel muss man kein breites Cap mit Riesenlogo und supergeradem Schirm mehr schief auf den Kopf schmeißen. Sondern trägt dezente Mützen, mit deren Schirm man tun darf, was immer man mag — und mit denen man auch mal wieder in Diskos eingelassen wird.

Und die Frauen? „Gibt es die klassische Hip-Hop-Frau überhaupt noch?“, Morgner zuckt mit den Schultern. „Ich glaube nicht.“ Eher Damen, die eine eher brave Hose zu coolen Turnschuhen kombiniert. Hip-Hop scheint mitgewachsen zu sein mit seinen Freunden, die Hip-Hop-Mode auch. „Ich bin ja auch mitgewachsen“, sagt Sebastian Morgner und grinst. Wegen seiner krass blondierten Haare nennen ihn im Laden immer noch alle Eminem. Eben ein Eminem Mitte 30. Wieso nicht. Der echte ist immerhin Mitte 40.

Einen Trend-Tipp hat „Eminem“ Morgner dann zum Abschluss auch noch: Turnschuhe in knalligen Farben und vor allem „Unmengen an Technik“. Ob in Sohle oder Verschluss. „U-Boote“ nennt der Modeexperte die riesigen Schuhe. Auch deshalb dürfen die Jeans nicht mehr so breit sein: Dann sieht ja keiner den teuren Schuh!

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