Scheffler vom Schulausschuss im Interview: „Eltern lassen sich nicht mehr alles gefallen“

Zu viele Migranten in einer Klasse – sagen Eltern mit Migrationshintergrund und proben an einer Grundschule den Aufstand. Sie haben Recht, sagt der Vorsitzende des Schulausschusses.

Düsseldorf. An der St. Franziskus Grundschule in Mörsenbroich hat die Schulleitung ein unglückliches Händchen bei der Klassenzusammensetzung bewiesen. Wie die WZ berichtete, gibt es dort eine erste Klasse mit einem Übergewicht ausländischer Schüler. Deren Eltern haben nun Sorge, dass die Kinder nicht richtig Deutsch lernen und verlangen eine Umverteilung. Weil sich jedoch weder Schulleitung noch Schulaufsichtsbehörde gesprächsbereit zeigten, wurden zwei Kinder bereits abgemeldet.

Eltern lassen sich nicht mehr alles gefallen, sagt dazu Wolfgang Scheffler. Er ist Vorsitzender des Schulausschusses, Mitglied bei den Grünen und seit mehr als 30 Jahren Lehrer.

Herr Scheffler, Elternbeschwerden sind in Schulen an der Tagesordnung. Migranten waren da jedoch bislang fast schon zu scheu. Hat sich das geändert?

Scheffler: Eltern mischen sich heute grundsätzlich viel mehr ins Schulleben ein als noch vor 20 Jahren. Das erleben wir auch bei Eltern mit Migrationshintergrund. Die öffentliche Pisa-Debatte hat Bildung zu einem kostbaren Gut gemacht. Schulleitungen müssen sich also damit abfinden, dass Eltern nicht mehr alles akzeptieren, was man ihnen in puncto Ausbildung ihrer Kinder vorsetzt.

Woran zeigt sich das?

Scheffler: Ein Bespiel: Vor vier Jahren wurde auch in der Primarstufe die freie Schulwahl eingeführt. Das hat eine deutliche Abwanderungsbewegung verursacht: 20 Prozent aller Eltern von Erstklässlern schicken ihre Kinder auf Schulen außerhalb des Wohnbezirks. Ein hoher Migrantenanteil stört für Eltern - auch solche, die selbst nicht aus Deutschland stammen.

Sind Anmeldeverfahren und Klassenzusammensetzung häufiger Streitpunkte?

Scheffler: Ja. Bei mir landen immer wieder Beschwerden über das Anmeldeverfahren. Wenn etwa eine weiterführende Schule ein Kind ablehnt, muss sie das nicht begründen. Vielfach vermuten dann Eltern, dass Schüler mit einem guten Zeugnis bevorzugt werden, nicht immer zu Unrecht. Das ist aber nur schwer nachzuweisen.

Das heißt, die Schulleitung entscheidet völlig selbstständig?

Scheffler: Das ist so. Trotzdem gilt es natürlich einiges zu beachten. Bei der Klassenzusammensetzung ist die Abwechslung der entscheidende Faktor. Plakativ gesagt, gehören zu einer gesunden Mischung Gute wie Schlechte, Reiche wie Arme, Migranten und Deutsche. Homogene Klassen entspringen dagegen einer uralten Auffassung von Pädagogik.

Gerade dagegen wehren sich die Eltern von der St. Franziskus Schule, aber genützt hat es ihnen nichts.

Scheffler: Dabei kann man gerade in diesem konkreten Fall konstruktiv vorgehen. Schließlich ist es doch zunächst einmal positiv, dass sich Eltern bewusst für die St.Franziskus Schule entschieden haben, weil sie diese für eine gute Schule halten. An der Beschwerde der Eltern mit Migrantenhintergrund wird übrigens deutlich, dass sie angenommen haben, was wir ständig verlangen: dass ihre Kinder die deutsche Sprache erlernen sollen. Das wollen sie nun umsetzen.

Viel Unterstützung haben sie dabei aber scheinbar nicht. Die Bezirksregierung will nicht eingreifen, die Schulleiterin nach Aussagen der Eltern nichts ändern. Sehen Sie dennoch eine Lösung?

Scheffler: Zunächst einmal könnte die Schulleitung zugeben, dass sie etwas unglücklich vorgegangen ist. Daran ist doch nichts Schlimmes. Mein Gott, das Schuljahr läuft doch erst seit fünf Wochen, da kann man doch an den Klassen noch etwas verändern. So festgelegt ist das Schulsystem gar nicht.

Die ersten Kinder wurden bereits abmeldet, ist das der richtige Weg?

Scheffler: Es ist jedenfalls schade. Ich meine, eine solche Sache müsste innerhalb der Schule geregelt werden. Aber wenn sich eine Schulleitung stur stellt, bleibt den Eltern nichts anderes übrig.

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