Karneval im März Rosensonntagszug: Flüchtlinge fangen ihre ersten Kamelle

40 Flüchtlinge erleben am Rheinufer ihren ersten Zoch und entwickeln sich auf Anhieb zu begeisterten Süßigkeitenjägern.

Karneval im März: Rosensonntagszug: Flüchtlinge fangen ihre ersten Kamelle
Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Es ist für das kleine Mädchen am Rand des Zugweges wie ein kleines Wunder, als urplötzlich aus heiterem Himmel eine Tüte mit Gummibärchen geflogen kommt und in ihren Händen landet. Immer wieder wird der Fang begutachtet und dann fällt der Blick wieder in die Richtung, aus der die Süßigkeiten geflogen kamen, bevor dann endlich die Tüte aufgerissen wird und das erste Gummibärchen im Mund landet.

„Für die meisten unserer Bewohner ist es die erste Begegnung mit Karneval. Wir haben vorher Zettel in verschiedenen Sprachen verteilt, auf denen erklärt wurde, woher Karneval kommt und womit man rechnen muss“, sagt Norman Hofman von den Johannitern. Etwa 40 Bewohner der Landeserstaufnahme für Flüchtlinge an der Roßstraße sind mit ihm und seinen Kollegen ans Rheinufer gekommen, wo der Rosensonntagszug gestartet ist. Dabei sei die Vorfreude groß gewesen. „Als wir an Rosenmontag nicht zum Zug konnten, waren die Leute ziemlich traurig, aber jetzt hat es ja zum Glück doch noch geklappt“, sagt Hofmann mit Blick auf seine gut gelaunte Gruppe.

Düsseldorf feiert seinen Rosensonntagszug
31 Bilder

Düsseldorf feiert seinen Rosensonntagszug

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„Normalerweise braucht man für den Weg etwa 10 bis 15 Minuten. Wir haben deutlich länger gebraucht, da unterwegs nonstop fotografiert wurde. Die ersten Bilder dürften inzwischen in Syrien, Afghanistan, Irak und Iran, den Heimatländern unserer Gruppe hier, schon online sein. Das hatten wir schon bei unserer Altweiberparty in der Unterkunft“, erklärt Hofman, während schon wieder die nächsten Aufnahmen entstehen.

„Es ist schön zu sehen, wie glücklich die Menschen hier sind, wenn sie feiern und die Musik spielt. Das ist der erste Karneval in meinem Leben“, sagt Mohamed Husreini, der über einen langen und „sehr gefährlichen Weg“ von Afghanistan nach Düsseldorf gekommen ist. Jetzt steht er mit seinen vier Kindern am Zugweg und freut sich über das närrische Treiben.

Rosensonntagszug - die neuen Mottowagen
32 Bilder

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Und wie Karneval funktioniert, erschließt sich den jecken Neulingen sehr schnell. So dauert es nicht lange, bis die Ersten in der vordersten Reihe lautstark Helau rufen und die Hände nach den fliegenden Kamelle recken. Schon bald füllen sich die mitgebrachten Beutel und immer wieder gibt es für die Kleinsten, die vom Kinderwagen in der zweiten Reihe das Geschehen verfolgen, süße Überraschungen. Alles passiert als leidenschaftlicher aber fairer sportlicher Wettkampf um das Wurfgut. Nur einmal gibt es ein klein wenig Zoff, als ein Kind dem anderen vor der Nase die Kamelle wegschnappt - und das auch noch gerade, als der Prinz und seine Venetia die Gruppe passieren. Aber auch der Streit ist schnell wieder beigelegt, gibt es doch genügend Süßkram, der durch die Luft fliegt.

„Die Menschen hier sind Gästen gegenüber sehr offen und höflich. Schön ist, dass alle so bunt verkleidet sind und sich über den Zug freuen“, sagt Firas Walia Pyaydori aus dem Irak, der mit seiner Frau und Sohn Mustafa zum Zoch gekommen ist. „Toll ist die große Torte auf dem Wagen da“, zeigt sich der Achtjährige von der Kunst der Wagenbauer begeistert. Mit bunten Tüchern hat er sich dem jecken Treiben angepasst. „Wir haben unsere komplette Kleiderkammer nach bunten Sachen durchsucht“, sagt Hofmann.

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