René Weller, der Kirmesboxer

Der ehemalige Champion kämpft am Dienstag auf der Düsseldorfer Kirmes. Mit 58, guten Sprüchen und viel Klischee.

Düsseldorf. Da sitzt er nun, und dass er ein reines Klischee ist, weiß er selbst. Hofft man. René Weller, 58, ist nach Düsseldorf gekommen, um am Dienstag auf der Kirmes am Rheinufer zu boxen. Ein Kirmesboxer ist er also jetzt, und weil für gewöhnlich so jene genannt werden, die in den glamourösen Profikämpfen nach einer Runde taumeln und nach dem zweiten Gongschlag fallen, ist das eine durchaus witzige Bezeichnung. Denn Weller ist eigentlich nie gefallen.

„82 Kämpfe, nur einen verloren — weil ich verletzt war“, sagt er im Stakkato. Weller ist Box-Europameister gewesen, er hieß der „schöne René“, war braun gebrannt, drahtig wie kein anderer und geschmückt von einem schmalen Oberlippenbart. Die Frauen mochten ihn, die Männer kamen, um ihn verlieren zu sehen.

„War mir auch egal, solange sie da waren“, sagt Weller — und gewann dann doch. Deutscher Meister, Europameister im Leichtgewicht, Fotos im Samtmantel, Krone auf dem Kopf und barbusige Damen im Arm. 1993 der Rückzug.

Jetzt ist Weller 58, der Oberlippenbart ist Geschichte, der Haaransatz etwas höher, kurz geschoren an den Seiten, lang im Nacken, herrlich. Am Gürtel hängen drei Handys in Ledertäschchen, die Gürtelschnalle ist ein riesiges, goldenes Motorrad. Gewaltige Goldkette, natürlich, Cowboystiefel, eine Figur wie einst. „Ich trainiere von montags bis sonntags“, sagt er.

Kampfgewicht am Dienstag 63 Kilo, zu seinen besten Zeiten waren es exakt 1,8 Kilogramm weniger. Aber eigentlich kämpft Weller ja gar nicht mehr. „Seit drei Jahren hat sie es verboten“, sagt Weller und zeigt auf die Frau neben ihm, die Maria Dörk heißt, als seine Managerin firmiert und seine Verlobte ist. Blond, gleich das nächste Klischee, erst jetzt ist das Gesamtkunstwerk rund. „Ich höre auf sie, sonst hab’ ich Ärger“, sagt Weller. Und macht dann doch eine Ausnahme. Gegen eine satte Prämie natürlich, die Höhe bleibt ungenannt, aber es soll sich lohnen.

Der Kampf findet im Rahmen der traditionellen Kaleika-Veranstaltung der Gesellschaft Reserve statt, drei mal zwei Minuten, gegen den Düsseldorfer Schützen Michael Staginus, 54, der ein Fitnesstrainer ist, aber eher selten boxt. „Immerhin bin ich jünger“, sagt der. Aber ob ihm das hilft?

„Es gibt mir Selbstvertrauen, dem anderen aufs Maul zu hauen“, sagt Weller. Er boxt halt gern, immer schon, früher auf der Straße („Ich hab’ nie mehr als zwei Schläge gebraucht“), dann im Ring. Weller hat viel Geld verdient — und viel verloren. 1999 ging er wegen Kokainhandels, Hehlerei, Anstiftung zur Urkundenfälschung und unerlaubten Waffenbesitzes ins Gefängnis, 2003 wurde er vorzeitig entlassen.

Jetzt lebt er in Pforzheim und auf Gran Canaria. „Immer abwechselnd“, sagt er. Sein Name zieht noch, hier eine Autogrammstunde, dort Star auf einer Firmenfeier. Er ging in das Big-Brother-Haus oder gab den Gastgeber beim „Promi-Dinner“ im TV. Irgendetwas findet sich immer, wenn man ein lebendes Klischee ist und ein Playboy war. „Ich bin Privatier“, sagt er, „es geht mir gut.“ Dann grinst er, die Augen sind dann kaum mehr zu erkennen. Unzufrieden wirkt er wirklich nicht. Vielleicht ein wenig demoliert vom Leben. Aber sympathisch.

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