Leunora Salihu: Cragg ist ihr großes Vorbild

Leunora Salihu ist Meisterschülerin des Akademierektors und Förderpreisträgerin. In loser Folge stellt die WZ die ausgewählten Künstler vor.

Düsseldorf. Mit Leunora Salihu (35) erhält eine Bildhauerin den Förderpreis für bildende Kunst, die zu den Ausnahmen in der Düsseldorfer Szene gehört. Sie präsentiert formvollendete, fertige Objekte, keine bloßen Provisorien aus Styropor. In ihren Kunstwerken vereint sie klassische und moderne Formen, Vertrautes mit Befremdlichem.

Sie hat beides gelernt, im Osten wie im Westen. Es war ein weiter Weg, den sie zurücklegen musste, bis sie zu diesen Ergebnissen kam. 1977 wurde sie in Prishtina, im Kosovo, geboren und erhielt eine klassische künstlerische Ausbildung in Anatomie, Porträt und Aktzeichnen. Eine Grundlage also, auf der sie in Deutschland aufbauen konnte. Nur die Moderne, die Zeit nach Picasso, kannte sie noch nicht.

Nach ihrer Flucht im Jahr 1999 vor dem Bürgerkrieg im Kosovo kam sie nach Kiel, studierte Kunstgeschichte und deutsche Sprache, wechselte zur dortigen Akademie und landete schließlich bei Tony Cragg in Düsseldorf, dessen Meisterschülerin sie ist.

Ihr Lehrer wurde ihr Vorbild: „Es war für mich ganz wichtig, seine Energie zu erleben. Wir waren noch eine kleine Klasse in großen Räumen. Es war eine ideale Situation. Wir lernten bei ihm auch, eine Sache weiter zu verfolgen, nicht aufzugeben.“

Nach dem Studium hatte sie Glück, sie arbeitet heute in einer Halle im Hinterhof an der Augustastraße. Ihr Atelier hat Oberlicht und ist mit einem Industrieofen versehen. „Ich kann hier sägen und schweißen, habe ein Holz- und ein Metalllager, und vor allem habe ich viel Platz. Niemand stört mich.“

Sie ist eine Systematikerin, also ihrem Professor nicht unähnlich. Sie beginnt mit Details aus dem Alltag wie einem Korbgeflecht, einem Insektennest, einem Lüftungsapparat. Dabei interessiert sie nur jeweils ein klitzekleines Element, ein Wabenmuster etwa.

Das ausgewählte Einzelne verfremdet, vervielfältigt und verschiebt sie. Dadurch entsteht eine virtuelle Bewegung, die ihre Formen auszeichnet. Sie erklärt etwa ein Objekt, das an eine Windmühle erinnert: „Ich habe die Einzelteile wie in einem Stecksystem um ein bloßes Loch herum angeordnet. Ich finde es spannend, wie der Betrachter etwas Bekanntes entdeckt, das ihm zugleich so fremd vorkommt.“

Was sie von Tony Cragg gelernt habe, sei die „Lebendigkeit und Dynamik“. Eine Skulptur bestehe ja nicht nur aus Oberflächen, sondern aus Zwischenräumen, in denen das Licht spielt. Das Innere müsse stets im Äußeren, der Sockel in der Skulptur zutage treten. So arrangierte sie um ihre „Windmühle“ ein Loch, es erinnert an den weißen Mond in den Abendstunden. Sie liebt es, Assoziationen zu erzeugen. Man kann auch durch ihre Werke hindurchschauen und die Struktur im Innern erkennen.

Wie ihr Lehrer wurde auch sie nun schon zum zweiten Mal ins Europäische Keramikzentrum nach Holland eingeladen. „Dort gibt es Riesenöfen und eine Infrastruktur, von der man hierzulande nur träumen kann“, sagt sie. Die Keramik ist die einzige Disziplin, in der ihre Technik noch nicht ganz perfekt ist.

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