Elbers und Schavan im Rosenmontagszug — der Papst kam zu spät

Zochkünstler Jacques Tilly griff wieder mit Schärfe und Witz aktuelle Themen auf. Die Kanzlerin kommt gleich zweimal vor.

Düsseldorf. Rücktritte auf den letzten Drücker sind eine Spezialität von Jacques Tilly, dem Wagenbaumeister des Rosenmontagszugs. So brachte er im Vorjahr den gerade demissionierten Bundespräsidenten Christian Wulff als gerupften Bundesadler auf den Weg, dem ein Gauck-Ei entschlüpft — letzteres wurde in der Nacht zum Rosenmontag fabriziert.

Den Rücktritt von Annette Schavan als Bundesbildungsministerin vom Samstag nahm der plastische Kabarettist ebenfalls aufs Korn. Nur der Papst setzte Tilly uneinholbar unter Druck: Um 11.46 Uhr lief die erste Meldung von Benedikts Rücktritt über den Ticket, um 12.30 Uhr beginnt der Zoch — das schafft selbst der Schnellbastler Tilly nicht mehr.

Dafür ist Oberbürgermeister Dirk Elbers dran. Dass er erstmals sehr bissig und in der Sache treffend aufs Korn genommen wird, meldet der städtische Pressedienst später nicht — dort werden andere Polit-Wagen aufgezählt. Tilly stellt Elbers als König von Düsseldorf dar, vor dem ein Feuerwehrmann auf den Knien „Gnade, Majestät“ bettelt.

Dass Elbers nach einer Welle der Empörung die Suspendierungen gegen zehn Feuerwehrleute und Maßnahmen gegen einen Pensionär am Freitag zurücknahm, nutzt ihm nichts. Er wird zu einem Höhepunkt im Zoch, über den er dennoch auf der Tribüne ein wenig lächelt — wenn auch vielleicht ein bisschen gequält. Dafür steht unten am Wagen noch der Schriftzug „Piep piep piep, wir ham uns wieder lieb“.

Das neue Stadt-Logo mit dem :D fährt als Doppelcharakter zwischen :Doll und :Doof durch die Straßen der Stadt. Ansonsten ist bei Tilly natürlich die Kirche dran, die oft von ihm totgesagte FDP ebenso. Der Wagen zur russischen Band „Pussy Riot“ ist vielleicht der schwächste, das Ereignis ist einfach zu lange her.

Fünf Clowns verfolgen den Zug von einem Spitzenplatz aus. Auf der Treppe vom alten Gericht an der Mühlenstraße haben Edda Wippermann und ihre Truppe ein rheinisches Buffet mit Blutwurst und Frikadellen aufgebaut: „Wir stehen jedes Jahr hier, um den Zug zu verfolgen.“ Die Düsseldorfer freuen sich immer besonders auf die Wagen von Jacques Tilly. „Diesmal war der mit Wowereit und dem Flughafen am besten. Der war so richtig böse — schön böse“, schwärmt Wippermann. Insgesamt hat den Clowns der Zoch gefallen, mit einem Manko: „Für meinen Geschmack gab es zu wenig Musikkapellen. Teilweise war es richtig still“, sagt Wippermann.

„Sehr professionell und schön“, finden auch Ursula und Wilfried Hofmann aus Brüggen die Wagen. Sie kommen fast jedes Jahr nach Düsseldorf. „Wir waren auch mal in Köln. Aber der Zug in Düsseldorf ist um Klassen besser.“ Ein paar Meter weiter tanzt eine Erdbeere in der ersten Reihe vor dem Zug. Betty de Ruyter ist mit ihren drei Freundinnen extra aus Holland angereist.

„Die Wagen sind so lustig“, sagt sie. Dass sie so manchen lokalen Witz, wie den Wagen mit OB Elbers und dem Feuerwehrmann, nicht verstehen, macht gar nichts: „Vielleicht lassen wir uns das später erklären“, sagt sie lachend. Dafür sind sie von den vielen bunten Fußtruppen begeistert. „Die geben sich mit den Kostümen richtig viel Mühe, toll. Und sie werfen so leckere Sachen“, sprach’s und schwupps verschwanden die nächsten Gummibärchen in ihrer Tasche.

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