Karneval am Rande: Düsseldorfs kleiner, feiner Frohsinn

Der 11.11. ist in der Stadt keine Massenparty. Abseits von Marktplatz und Füchschen ernten kostümierte Jecke erstaunte Blicke.

Düsseldorf. Kurz nach elf am 11.11. - in der Grabenstraße fährt eine Arbeitsbühne hoch, zwei Männer drehen Glühbirnen in die Weihnachtsbeleuchtung. Es ist still und usselig. Erst zwei Ecken weiter ist das Wumtata vom Marktplatz allmählich zu hören.

Da werden Fähnchen geschwenkt und Bierbecher gehoben, wird gesungen und Helau gerufen. Während das Ordnungsamt in Köln den Heumarkt mittags sperrt, weil zigtausend Jecken die Innenstadt verstopfen, bleibt der Frohsinn in Düsseldorf zum Erwachen des Hoppeditz’ traditionell bescheiden. Parzellierte Narretei zwischen Rathausfassade und der Flanke von Wellems Pferd.

Für ihre Verkleidung haben die drei glitzernden Teufelinnen Yvonne, Melanie und Sabrina auf dem Weg in die Altstadt befremdete Blicke geerntet. "Und ein paar Bauarbeiter haben gepfiffen." Ob es sie stört, mit Kostüm weitgehend allein auf weiter Flur zu sein? Melanie vom Niederrhein schielt verschwörerisch auf die geheimnisvolle gelbe Mischung in ihrer 1,5-Liter-Wasserflasche.

"Gleich nicht mehr", sagt die 24-Jährige. Unglücklicher schaut ein paar Meter weiter Lisa(27) aus Krefeld unter ihrer Gartenzwerg-Mütze hervor. "Ich dachte, hier wäre mehr los. Nächstes Jahr fahre ich wieder nach Köln." Lisa steht auf ein paar plattgetretenen Pferdeäpfeln, die der Martinsumzug am Vortag hinterlassen hat.

Am frühen Nachmittag ist das Programm am Rathaus beendet. Die Kapelle der Prinzengarde Rot-Weiss zieht durch die Mertensgasse - an bunten Luftballons und Aufstellern "Alt und Pils 1,30Euro" vor leeren Kneipen vorüber. Es geht Richtung Ratinger Straße, den Prinzen im Schlepptau. Für Dirk Kemmer ist es die letzte Stunde als oberster Narr.In der Liefergasse bützt er jeden einzelnen der vom Rand helauenden Fans - es sind vier an der Zahl. Prinzgardist Ralf Bräuer fühlt sich trotz fehlenden verkleideten Fußvolks nicht unwohl in seiner Uniform: "Ich bin ja froh, sie endlich wieder anzuhaben."

Auch das Grüppchen um die gebürtige Altstädterin Margret Ziegler lässt sich die jecke Stimmung nicht verderben - zumal nach dem zehnten Bierchen im Füchschen. Die 72-Jährige gibt dem Radio, das nur Kölner Karnevalslieder spiele, die Schuld an der fehlenden Massenbegeisterung für den Elften im Elften. "Wir können ja gar nix mitsingen. Wann sollen wir dat denn üben, wenn et nie im Radio kütt?"

Zum Beispiel ein paar Stunden später. Ab 19.11 Uhr startet das Bühnenprogramm im Füchschen, schunkeln die Jecken auf den Bänken. Auch aus dem gut gefüllten Nähkörbchen an der Hafenstraße klingt am Abend ganz düsseldorferisch die Prinzenhymne. Die Stammlokale des Frohsinns leben auf. Vielleicht ist der Düsseldorfer Jeck einfach nachtaktiv. Oder ruht sich aus. Schließlich hat diese Session Überlänge - bis zum 9. März muss noch viel gefeiert werden.

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