70 Jahre Landeshauptstadt Hauptstadt von Englands Gnaden

Die Briten kürten 1946 Düsseldorf zur Landeshauptstadt. Diese Rolle verlangte zunächst große Opfer.

Düsseldorf. „Das neue Land wird die Provinzen Nordrhein und Westfalen umfassen. Seine Hauptstadt wird Düsseldorf sein.“ Knapper und lapidarer konnte es der britische Regierungskommissar für Deutschland am 17. Juli 1946 in Berlin kaum formulieren. Zu diskutieren gab es da halt nichts, per Direktive legte das Hauptquartier der Besatzungsmacht fest, wann die „Operation Marriage“ (die Tarnbezeichnug der Engländer bezieht sich auf die Vermählung von Nordrhein und Westfalen) steigen sollte: am 1. August 1946.

Das, was vor allem Kölner bis heute in Neid-Wallung versetzt, fußte also vor allem auf Gutdünken der britischen Besatzungsmacht. Die Engländer regierten ja schon von Düsseldorf aus, in ihrer Zentrale im Stahlhof an der Breite Straße residierten militärische wie zivile Befehlshaber. Laut Düsseldorfs ehemaligem Stadtarchivar Professor Hugo Weidenhaupt wurden die Stadtverwaltung unter Oberstadtdirektor Walter Kolb sowie die Politik mit Oberbürgermeister Karl Arnold nicht einmal offiziell informiert, geschweige denn eingebunden in die Entscheidung.

Nun, die Zeitgenossen nahmen die Erhebung zur Landeshauptstadt zunächst nur achselzuckend zur Kenntnis. Sie hatten ein gutes Jahr nach dem Krieg noch andere Sorgen, die halbe Stadt lag in Trümmern, Not, Hunger, Elend hatten sie noch fest im Griff. Die Gleichgültigkeit wich dann Ärger und Wut, als klar wurde, dass der neue Status den Düsseldorfern neue Opfer abverlangte. OB Arnold kündigte „harte Opfer und Entbehrungen für die Bürgerschaft“ vor der Stadtverordnetenversammlung an, denn mindestens 2000 Wohnräume seien für „hauptstädtische Zwecke“ bereitzustellen. Tatsächlich kam es noch viel ärger — bis März 1947 wurden mehr als drei Mal so viele Räume beschlagnahmt.

Die erste Sitzung des Landtages des neuen Landes Nordrhein-Westfalen (erster Ministerpräsident wurde Rudolf Amelunxen) fand im Oktober 46 feierlich im Opernhaus statt. Danach wich das Parlament in einen Saal auf dem Werksgelände von Henkel in Holthausen aus. Erst 1949 war das Ständehaus am Schwanenspiegel bezugsfertig. Wiederum 39 Jahre später, 1988, zogen die Abgeordneten im neu erbauten Landtag am Rhein ein.

Auch wenn in Nachbarstädten immer wieder gern behauptet wird, Düsseldorf werde als Landeshauptstadt bevorzugt und verwöhnt, fehlen dafür (leider) doch die sichtbaren Belege. Ein echtes Staatstheater, eine Staatsoper hat Düsseldorf nicht, ja, bis heute gibt es nicht mal ein halbwegs zusammenhängendes Regierungsviertel. Nein, Stärke und Attraktivität verdankt die Stadt gewiss nicht ihrer politischen Position. Hinzu kommt, dass auch das Verhältnis zwischen Rathaus und Staatskanzlei, zwischen Stadtrat und Landtag fast durchweg gleichgültig-distanziert blieb, unabhängig von der jeweiligen Parteien-Konstellation.

2016 immerhin will man die 70 Jahre Landeshauptstadt richtig zusammen feiern — Ende August beim NRW-Tag mit einem großen Bürgerfest am Rhein.

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