Einen Tag schaut Europa auf Düsseldorf

Was hat der ESC gebracht? Düsseldorf hat als Standort für große Veranstaltungen von sich reden gemacht.

Düsseldorf. Im Kopf der Homepage der Landeshauptstadt steht noch immer das Logo des Eurovision Song Contest (ESC). Weiter unten taucht’s erneut auf: Mit einem Klick ist der geneigte Leser bei der Stellungnahme von OB Elbers „zum gelungenen Eurovision Song Contest“ — der Text ist vom 15. Mai und für die Internet-Gemeinde gefühlte Steinzeit. Aber kann man es der Stadtspitze verdenken, dass sie vom großen Fest der europäischen Schlager-Pop-Musikindustrie nicht lassen will?

Nein, denn es gilt festzuhalten: Düsseldorf hat Mitbewerber wie Hamburg, München, vor allem aber das vor Selbstbewusstsein strotzende Berlin aus dem Feld geworfen und ein hochattraktives Ereignis an Land gezogen.

Die Stadt hat gleich nach dem Zuschlag und während des ESC — eine Abkürzung, die bald wieder im Orkus verschwinden dürfte — kübelweise Häme und Spott geerntet. Da war viel Neid dabei, die FAZ wies nicht ohne Grund darauf hin, dass die heftigsten Schienbeintritte aus Mitbewerberstädten kamen: Auch Hamburg („Spiegel“) und Berlin („Bild“, „Welt“) hätten den ESC gern gehabt.

Am Tag des Spektakels selbst schaute Europa nach Düsseldorf. Mehr als 100 Millionen Menschen verfolgten an den Fernsehern eine perfekte Show — der peinliche Brauchtumsumzug mit gemieteten Gruppen am Rheinufer war da zum Glück schon vergessen.

Am Tag darauf schwärmten die TV-Profis von der Arena — aus Düsseldorfer Sicht der wahre Sieger des ESC. „Die Arena ist in Europa einmalig“, stellte Lutz Marmor, Intendant des ESC-Ausrichters NDR, fest. „An der Decke hing Technik mit 220 Tonnen Gewicht. Das Fußballstadion war schall- und lichtdicht, was es in einer solchen Größenordnung sonst nirgends gibt.“

Die Stadt organisierte weiteres Schulterklopfen, allerdings sehr fragwürdiges: Es wurde eine Medienresonanzanalyse in Auftrag gegeben, die Zeitungen, Magazine, Radio, TV und Internet mit Blick darauf untersuchte, wie oft über den ESC in Düsseldorf berichtet wurde.

Für Deutschland wurde den Beiträgen, wären sie denn als Anzeige bezahlt worden, ein Wert von 390 Millionen Euro zugesprochen. Im europäischen Ausland kam man auf 15,4 Millionen Euro. Die Qualität der etwaigen Stadtwerbung wurde aber nicht ansatzweise bewertet. Düsseldorfs ESC-Vorgänger Oslo hat sich im nachhinein von solch windigen Rechenexempeln verabschiedet.

Und jetzt? Düsseldorf hat die Ton-Talente gestartet, unter der Regie von Produzent Dieter Falk soll der Nachwuchswettbewerb weiter stattfinden. Lena bittet auf ihrer Homepage per Video-Blog vom Weihnachtsmarkt in Köln um Unterstützung bei einem Voting, das längst stattgefunden hat. Der Alltag hat alle wieder — aber der ESC hat Spaß gemacht.

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