70er-Flair trifft auf neuen Pop

Seit fünf Jahren gibt es in Mani Kianzads „Trinkhalle“ Kultgetränke in einer Retro-Kulisse.

Düsseldorf. Das ockerfarbene Muster an den Wänden kann einen etwas schwindelig machen. Oder liegt es am Absinth, der in einigen der Cocktails verarbeitet wird? In der Trinkhalle fühlt man sich in die Vergangenheit versetzt und möchte am liebsten die Schlaghose aus dem Schrank holen. Eine solche trägt Inhaber Mani Kianzad jedoch nicht. Er wirkt beinahe ein wenig deplatziert mit seinen gegelten Haaren und dem türkis-gestreiften Poloshirt. Dabei ist die Mischung aus kultig und trendig hier durchaus gewollt.

Herr Kianzad, auf ihrer Homepage nennen sie ihren Laden „Flingerns Wohnzimmer“, es gibt Konzerte und Quiz-Shows, Suppe und Cocktails. Was genau ist die „Trinkhalle“ eigentlich?

Kianzad: Sie ist in erster Linie eine Bar mit Veranstaltungscharakter. Es gibt die klassische Bar, an der getrunken wird, aber bei uns kann man auch etwas erleben. Alle drei Monate haben wir ein Pop-Quiz, ebenso regelmäßig gibt es Lesungen. Bei der monatlichen Reihe „Play & Spin“ treten lokale Bands auf, vor allem Newcomer. Was das Essen angeht, es soll eine Begleiterscheinung zu den Drinks sein. Die Suppen bekommen wir vom Suppenwerk, die Tapas bereiten wir selbst vor.

Sie sind erst 36, also kein Kind der 70er Jahre. Warum erinnert die Trinkhalle so stark an diese Zeit?

Kianzad: Ich habe mich viel mit dem Design und der Musik der 70er beschäftigt, viele Bücher darüber gelesen. Das hat mich eben nachhaltig gepackt. Besonders die Musik dieser Zeit. Es war sehr stilvolle Musik, jenseits des Kommerz, eben Funk und Soul. Rock ist nicht so mein Ding, er passt auch nicht zur Trinkhalle. Hier spielen wir Musik zu der man tanzen, der man aber auch einfach nur zuhören kann.

Dabei handelt es sich aber nicht nur um Musik aus den 70ern.

Kianzad: Nein, wir haben wechselnde DJs und gerade bei den Live-Konzerten hört man hier viel Deutsch-Pop und eben Funkiges oder Souliges. Jedenfalls keine Punkmusik oder Techno. Vor allem möchten wir neue, noch unbekannte Bands in die Trinkhalle holen, die dann in kleinem Rahmen unkommerzielle Musik spielen. Wie in einem Wohnzimmer eben.

Wie kamen Sie als Kölner zu einer Bar in Düsseldorf?

Kianzad: Nach meiner Ausbildung zum Hotelkaufmann habe ich in Düsseldorf meinen Tourismus-Betriebswirt gemacht, von daher kannte ich die Stadt schon. Als ich dann nach einem Lokal für meine Trinkhalle gesucht habe, meinten Freunde, ich solle mich doch einmal in Flingern umsehen. Also lief ich an einem Sommernachmittag durch den Stadtteil, habe ihn zu Fuß für mich entdeckt. Und plötzlich traf ich dann in einem Hinterhof der Ackerstraße auf den optimalen Standort. Er passte genau in das Konzept, das ich mir vorstellte.

Das gilt vermutlich auch für das Publikum dieses Viertels.

Kianzad: Die Szene ist jung, es bewegt sich viel. Es gibt jede Menge kreative Köpfe, das Publikum ist sehr angenehm und passt gut zu meiner Bar. Es war nie meine Absicht, eine klassische Gastronomie zu eröffnen. Unsere Besucher sind sehr gemischt, zum einen Studenten, die sich einen schönen Abend machen wollen, Leute aus der Werbebranche, die nach der Arbeit kommen, Künstler aus der Gegend, die Inhaber der Boutiquen vor Ort, aber auch älteres Publikum, das den 70er-Jahre-Flair schätzt.

Woher kommt der Name „Trinkhalle“? Mit einem Kiosk hat die Bar wenig gemein.

Kianzad: Der Name kommt durch die Räumlichkeit an sich, die ja hallenförmig geschnitten ist, mit vier Meter hohen Wänden. Und auch die Getränke spielen eine wichtige Rolle: Wir servieren alle Drinks in Flaschen, abgesehen von Wein und Cocktails. Es gibt außerdem viele Marken, die in den 70ern angesagt waren, also Afri Cola statt Coca Cola, Sinalco und Orangina statt Fanta.

An welches Erlebnis mit der Trinkhalle erinnern Sie sich besonders gern zurück?

Kianzad: Vor ein paar Jahren hatten wir die Ausstellung „Perspektive Straßenleben“. Zwei Studenten hatten Einweg-Kameras an Obdachlose verteilt, die dann Bilder aus ihrem Leben geschossen haben. Diese Fotos haben wir hier gezeigt und auch gemeinsam mit den Obdachlosen angeschaut. Das hat sich mir stark eingeprägt.

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