Notbremse Was das neue bundeseinheitliche Corona-Gesetz für NRW bedeutet

Die bundesweite Corona-Notbremse ist im Bundestag beschlossen worden. Doch was bedeutet das für NRW? Ein Überblick.

 Ein Fahrgast mit Mund-Nasen-Schutz sitzt in einer Berliner S-Bahn hinter der Notbremse. Foto: Christoph Soeder/dpa

Ein Fahrgast mit Mund-Nasen-Schutz sitzt in einer Berliner S-Bahn hinter der Notbremse. Foto: Christoph Soeder/dpa

Der Bundestag hat am Mittwoch eine bundeseinheitliche Notbremse gegen die dritte Corona-Welle beschlossen. Die Vorschriften könnten frühestens ab Samstag greifen. Bevor das geschehen kann, müssen sie am Donnerstag noch den Bundesrat passieren. Zudem muss Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Gesetz noch unterzeichnen, und es muss noch verkündet werden. In Kraft tritt das Gesetz voraussichtlich Anfang kommender Woche. Die Maßnahmen sind bis 30. Juni befristet.

Doch was genau steht drin im neuen Infektionsschutzgesetz? Und was bedeutet das für NRW? Ein Überblick:

BUNDES-NOTBREMSE

Gezogen werden soll die Notbremse, wenn in einem Landkreis oder einer Stadt die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen an drei Tagen hintereinander über 100 liegt. Die Regeln der Notbremse sollen so lange in Kraft bleiben, bis die Sieben-Tage-Inzidenz an fünf aufeinander folgenden Tagen die Schwelle von 100 unterschreitet - dann treten die Extra-Auflagen am übernächsten Tag wieder außer Kraft.

Landeszentrum Gesundheit NRW und Robert-Koch-Institut (RKI) wiesen am Mittwoch eine Sieben-Tage-Inzidenz von 170,5 für NRW aus. Das ist deutlich mehr als vor einer Woche. Am vergangenen Mittwoch lag die wichtige Kennziffer bei 148,4. Die Zahl der Neuinfektionen in NRW weist das RKI am Mittwoch mit 6016 aus. Allerdings dürften hier auch etliche Nachmeldungen enthalten sein. Die Zahlen für NRW waren wegen einer technischen Störung nur unvollständig an das RKI übermittelt worden. Aus einer Übersichtstabelle ging am Dienstag hervor, dass für einige große Städte wie Köln und Düsseldorf keinen neuen Fälle eingeflossen waren.

In 16 kreisfreien Städten und Kreisen von Nordrhein-Westfalen liegt laut den jüngsten RKI-Zahlen die Corona-Neuinfektionsrate über der Marke von 200.

Folgende Regeln sollen gelten, wenn die Notbremse greift:

PRIVATE KONTAKTE:

Treffen in der Öffentlichkeit und auch zuhause bleiben eingeschränkt. Wie zuletzt gilt in NRW bei einer Sieben-Tage-Inzidenz über 100: Treffen im öffentlichen Raum sind mit höchstens einer Person aus einem anderen Hausstand möglich. Kinder bis zu einem Alter von einschließlich 14 Jahren werden dabei nicht mitgezählt. Paare, unabhängig von den Wohnverhältnissen, gelten als ein Hausstand. Für Zusammenkünfte von Ehe- und Lebenspartnern oder zur Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts gilt die Kontaktbeschränkung nicht. Bei Trauerfeiern nach Todesfällen dürfen bis zu 30 Personen zusammenkommen.

AUSGANGSBESCHRÄNKUNGEN:

In einigen Landkreisen in NRW gibt es bereits Einschränkungen, wenn man nachts das Haus verlassen will - doch sie waren sehr unterschiedlich. Nun soll bundesweit eine Ausgangssperre ab 22 bis 5 Uhr gelten.

Ausnahmen sind die „Abwendung einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum“ wie etwa gesundheitliche Notfälle bei Mensch und Tier oder dringende medizinische Behandlungen. Bewegung an frischer Luft soll bis Mitternacht erlaubt bleiben, allerdings nur alleine und nicht in Sportanlagen.

Ausgenommen sind in der Regel auch die Ausübung eines Berufs oder Mandats und die journalistische Berichterstattung. Das Gleiche gilt für die Wahrnehmung von Sorge- oder Umgangsrecht, die unaufschiebbare Betreuung Unterstützungsbedürftiger oder Minderjähriger oder die Begleitung Sterbender, Versorgung von Tieren oder „ähnlich gewichtige und unabweisbare Zwecke“.

SCHULEN

Schülerinnen und Schüler sowie Lehrer müssen im Präsenzunterricht zweimal pro Woche getestet werden. Darüber hinaus gilt hier eine eigene Notbremse: Überschreitet die Sieben-Tage-Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen den Schwellenwert von 100, so wird Wechselunterricht ab dem übernächsten Tag Pflicht.

Ab 165 wird ab dem übernächsten Tag der Präsenzunterricht in Schulen, Berufsschulen, Hochschulen, Einrichtungen der Erwachsenenbildung und ähnlichen Einrichtungen verboten. Ausnahmen für Abschlussklassen und Förderschulen sind möglich. Diese Bremse gilt auch für Kitas, die Länder können aber Notbetreuung ermöglichen. Die Schulbremse tritt außer Kraft, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz an fünf aufeinander folgenden Tagen den Schwellenwert von 165 wieder unterschreitet. In NRW war zuletzt wieder in einigen Kommunen mit Wechselunterricht gestartet worden, Kostenpflichtiger Inhalt als kritische Grenze galt aber eine 200er-Inzidenz.

LÄDEN:

Läden des täglichen Bedarfs wie etwa Supermärkte oder Drogerien bleiben wie bisher unabhängig von der Inzidenz geöffnet - alle anderen werden geschlossen. Bei einer Inzidenz zwischen 100 und 150 ist allerdings Shoppen nach vorheriger Terminbuchung möglich (Click & Meet). Voraussetzung ist unter anderem ein negativer Corona-Test. Unabhängig von der Inzidenz kann bestellte Ware im Geschäft abgeholt werden (Click & Collect).

In NRW war von dieser Regel der Corona-Notbremse abgewichen worden - Kommunen über der 100er-Marke konnten sich für eine „Testoption“ mit mehr Öffnungen entscheiden.

Ausgenommen von Schließungen oder starken Beschränkungen bleiben weiterhin der Lebensmittelhandel, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörakustiker, Tankstellen, Zeitungsverkäufer, Buchhandlungen, Blumenläden, Tierbedarfs- und Futtermittelmärkte, Gartenmärkte und der Großhandel. Diese dürfen aber nur das übliche Sortiment verkaufen.

Für die zulässige Kundenanzahl gelten Grenzen in Abhängigkeit von der Verkaufsfläche. In geschlossenen Räumen müssen Kunden eine Maske auf FFP2-Niveau oder eine medizinische Maske tragen.

FREIZEIT UND SPORT: 

Es ist nur die „kontaktlose Ausübung von Individualsportarten“ erlaubt - und zwar allein, zu zweit oder mit den Angehörigen des eigenen Hausstands. Bei Kindern gilt eine Obergrenze von fünf. Zulässig ist zudem der Wettkampf- und Trainingsbetriebs der Berufssportler und der Leistungssportler der Bundes- und Landeskader - aber nur ohne Zuschauer und mit Hygienekonzept.

Freizeitparks, Indoorspielplätze, Schwimmbäder, Diskotheken, Clubs, Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen, Prostitutionsstätten bleiben ebenso geschlossen wie Theater, Opern, Konzerthäusern, Bühnen, Musikclubs, Kinos, Museen, Ausstellungen und Gedenkstätten. Auch in diesen Bereichen gab es in NRW zuletzt lockerere Regeln.

Die Außenbereiche von Zoos oder botanischen Gärten sollen weiter öffnen können, wenn „angemessene Schutz- und Hygienekonzepte“ eingehalten werden. Nach den Regelungen der vom Bundestag beschlossenen Corona-Notbremse müssen Besucher ab sechs Jahren einen negativen Corona-Test vorlegen. In NRW wären dann wohl auch einige Zoos betroffen, die zurzeit den Zutritt ohne Test noch erlauben, wie zum Beispiel der Krefelder Zoo. Kostenpflichtiger Inhalt Der Zoo in Wuppertal bleibt allerdings komplett geschlossen, auch die Außenbereiche öffnen nicht.

TOURISMUS UND GASTRONOMIE:

Hier gab es bis zuletzt die wenigsten Öffnungen - und es kommen auch keine. Restaurants, Kneipen, Hotels und Ferienwohnungen müssen zubleiben. Der Betrieb von Gastronomiebetrieben und Kantinen wird untersagt. Es gibt aber Ausnahmen etwa für Speisesäle in Reha-Zentren oder Pflegeheimen, die Versorgung Obdachloser oder von Fernfahrern. Die Abholung von Speisen und Getränken zum Mitnehmen bleibt erlaubt, ebenso die Auslieferung.

NAH- UND FERNVERKEHR

Für Passagiere in Bus, Bahn und Taxi sind Masken mit FFP2-Niveau Pflicht, für Personal mit Kundenkontakt medizinische Masken. Möglichst soll nur die Hälfte der regulär zulässigen Passagiere mitfahren.

ARBEITSPLATZ

Unternehmen müssen zwei Corona-Tests pro Woche bereitstellen - das hat das Kabinett am Mittwoch beschlossen. Falls möglich, muss der Arbeitgeber seinen Angestellten Homeoffice ermöglichen und Arbeitnehmer müssen das normalerweise auch annehmen.

Ab Mittwoch, 21. April, waren Arbeitgeber in NRW bereits verpflichtet, ihren Beschäftigten mindestens zwei Schnell- oder Selbsttests pro Woche anzubieten, sofern diese in Hochinzidenzgebieten leben, aber in Deutschland arbeiten, teilte das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales mit.

KÖRPERNAHE DIENSTLEISTUNGEN

Dienstleistungen mit körperlicher Nähe zum Kunden sind untersagt. Ausgenommen sind Dienstleistungen, „die medizinischen, therapeutischen, pflegerischen oder seelsorgerischen Zwecken dienen sowie Friseurbetriebe und die Fußpflege“. Dabei müssen in der Regel FFP2-Masken oder Masken mit gleicher Schutzwirkung getragen werden. Wer zum Friseur oder der Fußpflege will, muss ein höchstens 24 Stunden altes negatives Testergebnis vorweisen.

LOCKDOWN-LÄNGE:

Die Maßnahmen sind bis 30. Juni befristet.

(dpa/red)
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