Gastro-Tipp : Spitzenkoch im Haus Stemberg: „Lebensmittel brauchen Heimat“
Seit 1864 wird im Haus Stemberg in Velberter Stadtteil Neviges gekocht, seit 2013 auf einem ganz hohen Niveau. Als Küchenchef wurde Sascha Stemberg mit einem Michelin-Stern auszeichnet. Wir sprechen mit dem 39-jährigen Spitzenkoch über die Lust und Last der Haute Cuisine sowie die Zukunft der Branche.
Als Küchenchef in fünfter Generation wurde Sascha Stemberg mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Das Gourmetrestaurant verfügt darüber hinaus über 17 Punkte im Gault Millau und zählt damit zu den Topadressen in Deutschland. Ein Grund für den Erfolg: der Spitzenkoch hat das vor mehr als 30 Jahren von Vater Walter Stemberg erfundene Konzept verfeinert und zur Perfektion gebracht.
Ist Sterneküche auf allerhöchstem Niveau überlebensfähig?
Sascha Stemberg: Für unseren Betrieb oder ähnlich ausgerichtete Häuser mache ich mir keine Sorgen, da in Deutschland gutes Essen, Restaurants und Ernährung wieder an Aufmerksamkeit gewonnen haben. Mit Häusern wie dem unseren kann man gut die Schwellenangst gegenüber der Sterneküche abbauen. Ebenfalls glaube ich, dass es die großen Drei-Sterne-Restaurants auch immer geben wird. Das ist etwas ganz Besonderes – eine Art Kulturgut. Ein Zeichen dafür ist der sogenannte „Gourmettourismus“. Wie andere Briefmarken oder Stoffbären sammeln, besuchen Gourmets weltweit Sternerestaurants. Köche wie Pierre Gagnaire in Paris oder René Redzepi in Kopenhagen sind absolute Stars der Szene. Ein mit ihnen geschossenes Selfie wird sofort in den sozialen Medien verbreitet. Dieser Hype verursacht in den Toprestaurants lange Wartezeiten von bis zu einem Jahr. In dieser Branche muss man nicht nur gut kochen, sondern sich immer wieder neu erfinden und in Szene setzen können.
Wie lautet Ihr ungewöhnliches Erfolgsrezept?
Stemberg: Heute ist unser Konzept gar nicht mehr ungewöhnlich. Als wir den Stern vor fünf Jahren bekamen, war das noch ganz anders. Wir waren so ziemlich das erste Haus mit Stern, das ein zweigleisiges kulinarisches Konzept fuhr. Vor über 30 Jahren prägte mein Vater den Satz: zwei Küchen von einem Herd. Wir kochen eine einfache regionale Küche und Gerichte aus der Hochküche von einem Herd unter einem Dach. Damals war es undenkbar, in einem Sternerestaurant eine Blutwurst oder ein Schnitzel neben der Languste oder der Taube zu servieren.
Wie ging es dann weiter?
Stemberg: Dieses erfolgreiche Konzept habe ich gemeinsam mit meinem Team in den letzten Jahren verfeinert und es sowohl im Gourmetrestaurant als auch im Bistro umgesetzt. Das sorgt bei unseren Gästen nach wie vor für Begeisterung. Mittlerweile gibt es viele Nachahmer, die unser sehr gut funktionierendes Konzept der zwei Küchen von einem Herd übernommen haben.
Was könnten die anderen besser machen?
Stemberg: Ich sehe immer noch Kolleginnen und Kollegen, die abends ihre Gäste wegschicken müssen, weil in ihrem Bistro kein Tisch mehr frei ist. Aber gleichzeitig herrscht in ihrem Gourmetrestaurant gähnende Leere. Das erschließt sich für mich als gastgewerblicher Unternehmer mit 20 Angestellten nicht. Hier zeigt sich einmal mehr, dass sich unser Konzept über all die Jahre bewährt hat.