Schalke 04 Schalke war Gladbach spielerisch unterlegen

Mönchengladbach · Das was die Schalker in der letzten Saison zur Vize-Meisterschaft geführt hat, bekommt das Team zur Zeit nicht auf den Platz.

 Mark Uth von Schalke sitzt nach dem Schlusspfif auf dem Rasen.

Mark Uth von Schalke sitzt nach dem Schlusspfif auf dem Rasen.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Es gab doch noch einen freudigen Moment für Naldo. Der Brasilianer schlurfte zwar sichtlich enttäuscht in die Katakomben, als ihn ein freundliches „Hey“ aus seinem gedanklichen Tunnel holte. Der verletzte Mönchengladbacher Offensivspieler Raffael hatte gemeinsam mit seinen beiden kleinen Söhnen auf den Schalker Verteidiger gewartet. Beide begrüßten sich wie alte Freunde mit einer herzlichen Umarmung. Danach tauschten sie ganz kurz über das 2:1 (1:0) von Borussia Mönchengladbach gegen den FC Schalke 04 aus, um sich dann den eigentlich wichtigen Dingen zuzuwenden. Raffaels Söhne wollten schließlich ein Foto mit dem 36 Jahre alten Verteidiger machen, der sichtlich Freude an der Aufnahme hatte, wie sein breites Grinsen verriet.

Für einen kurzen Moment konnte Naldo die Schalker Realität vergessen, die derzeit so trist und unangenehm ist wie ein grauer, stürmischer Novembertag. Drei Spiele, null Punkte lautet die aktuelle Bilanz des Ruhrgebietsklubs. Die Königsblauen haben einen kompletten Fehlstart in die Saison hingelegt, die sportliche Krise ist mal wieder auf Schalke angekommen.

„Wenn du Dreck am Fuß hast, dann ist es eben schwer“, berichtete Daniel Caligiuri kleinlaut. Der Schalker Mittelfeldspieler sagte dies so leise, als höre eine höhere Macht mit, die dafür verantwortlich ist, dass er und seine Mannschaft in diese Bredouille geraten sind. Dabei gehört auch Caligiuri zu den vielen Stammspielern, die noch deutlich hinter ihrem Leistungsvermögen zurückbleiben. Die Schalker erspielten sich gegen Gladbach zwar einige Tormöglichkeiten, aber derzeit fehlt den Spielern die Entschlossenheit, den Ball irgendwie über die gegnerische Linie zu drücken. Nur zwei von mehreren großen Problemen der Schalker.

Trainer Domenico Tedesco versucht derweil eine optimistische Stimmung zu verbreiten. „Das Ergebnis ist enttäuschend. Aber wir sind auf einem guten Weg. Wenn wir so weitermachen, dann könnte der Knoten relativ schnell platzen.“ Es ist die erste Talsohle, die der 33 Jahre alte Fußballlehrer in seiner jungen Karriere im Profifußball durchlaufen muss. In rund eineinhalb Jahren bei Erzgebirge Aue und bei Schalke 04 war Tedesco bislang ausschließlich erfolgreich. Und er hat sich dafür entschieden, auch in dieser angespannten Situation Gelassenheit und Zuversicht auszustrahlen. Dabei ist sein Team noch weit von der Verfassung entfernt, die den Ruhrgebietsklub in der Vorsaison so überraschend auf den zweiten Tabellenplatz katapultiert hatte.

Die Gründe sind vielfältig: Flachpässe durch das Mittelfeld und ein systematischer Spielaufbau sind kaum vorhanden. Spielerisch waren die Schalker dem Team von Trainer Dieter Hecking  deutlich unterlegen und haben sich im Vergleich mit der Vorsaison in dieser Kategorie nicht weiterentwickelt. Lange, oft ziellos in die Spitze geschlagene Bälle, die die Offensivspieler irgendwie bekommen und verwerten sollen, scheinen das einzige und uninspirierte Mittel für das Angriffsverhalten zu sein. Körperlichkeit und Einsatz statt technischer Finesse und Reife prägen das königsblaue Bild.

Der Schalker Mannschaft fehlt es zudem an der Selbstverständlichkeit, mit der sie ihr Positionsspiel in der Vergangenheit so eindrucksvoll präsentierte. Und die Gegner dadurch, sowie mit ihrem intensiven Laufspiel, so sehr nervten, dass diese sich irgendwann geschlagen geben mussten. Alles, was den Ruhrgebietsklub noch vor ein paar Monaten so leicht zu fallen schien, sieht nun nach intensiver körperlicher Arbeit aus.

Besonders die neu verpflichteten Spieler haben die Integration noch nicht abgeschlossen. Sebastian Rudy setzt im zentralen Mittelfeld noch nicht die Impulse, die sich die Klub-Verantwortlichen von dem technisch versierten Nationalspieler erhofft hatten. Dass Rudy gegen die Gladbacher nach gut 80 Minuten Krämpfe bekam und behandelt werden musste, spricht zudem nicht für einen hohen Fitnessgrad. Noch wirken die Bemühungen des 28-Jährigen häufig bieder. Er ist noch lange nicht der zentrale Fixpunkt. Den zum FC Bayern abgewanderten Leon Goretzka kann Rudy bislang nicht ersetzen.

Marc Uth scheint vielmehr verwirrt über die Schalker Spielweise zu sein. Der eigentlich kombinationssichere Angreifer, der bei 1899 Hoffenheim vor allem dieses Element seines Spiels einbringen konnte, muss sich unter Tedesco auf eine Form des „Kick and Rush“ nach englischer Prägung einstellen, die ihm nicht liegt.

Diese einfallslose taktische Herangehensweise verunsichert Uth sichtlich. Die Auswirkungen seiner Verkrampfung waren bei seiner größten Chance unübersehbar, als er allein von Torhüter Yann Sommer das Gladbacher Tor gleich um mehrere Meter kläglich verfehlte.

Und auch die hünenhafte Schalker Abwehr, die neben Naldo (1,98 m) und Matija Nastasic (1,88 m) um Neuzugang Salif Sané (1,96 m) ergänzt wurde, wirkt nicht halb so solide wie noch in der Vorsaison. Gladbach-Verteidiger Matthias Ginter erzielte gegen diese Abwehrrecken bereits das zweite Kopfball-Gegentor der Schalker nach einem Eckball. Sechs Gegentreffer nach drei Partien sind eine schwache Bilanz für ein vermeintliches Top-Team.

Dass Patrick Herrmann nach einem Konter das 2:0 für die Gladbacher erzielte, war der verdiente Lohn einer soliden Leistung der Gladbacher Borussia. Breel Embolos Anschlusstreffer in der Nachspielzeit hatte keinen Einfluss mehr.

Es bleibt noch viel Arbeit für Tedesco, dessen Team am Dienstag in der Champions League gegen Porto und am Samstag im Heimspiel gegen den FC Bayern antreten muss. „Wir dürfen den Spaß nicht verlieren“, sagte der Coach. Würde er jetzt etwas an seiner Herangehensweise ändern, würde er seiner Mannschaft ja auch die Stärken nehmen, ließ Tedesco wissen. Noch ist auf Schalke keine Panik ausgebrochen.

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