Wandern mit Eseln - Langohren geben den Ton an

Mannebach (dpa/tmn) — Störrischer Esel! Das trifft voll und ganz zu. Wer sich mit den Vierbeinern auf Wanderschaft begibt, muss lernen, sich auf das Tempo des Tieres einzulassen. Ein Selbstversuch in der Nähe von Trier.

Der Mann auf dem Trecker grüßt freundlich. „Passt gut auf die beiden auf“, ruft er den Wanderern hinterher. Hier in Mannebach, einem 380-Einwohner-Dorf in der Nähe von Trier, kennt jeder jeden. Das gilt auch für die Esel Bilbo und Gandalf. Seit der Verein Packeselwanderungen das Duo an Wanderer verleiht, ist der Anblick der Tiere und ihrer menschlichen Begleiter in Mannebach alltäglich. Nur wer hier wen führt, das wird sich noch zeigen.

Bevor es losgeht, holt Vereinsmitglied Armin Schneider die beiden Wallache von der Weide. Das klappt mal schneller, mal langsamer. Wie Esel eben so sind. Ein Vorgeschmack auf das, was kommt. Als erstes legt Armin Schneider den Eseln ihr Halfter um. Daran wird später die Führleine befestigt. Dann werden sie gestriegelt und die Hufe gesäubert. Schneider holt den hölzernen Packsattel aus dem Stall und befestigt ihn auf dem Eselrücken. Darunter liegt eine weiche Decke. Rechts und links lässt sich nun das Gepäck anbringen: Der Verein hat alte Armee-Rucksäcke aus der Schweiz besorgt. „Die sind eigentlich mehr oder weniger wasserdicht“, erklärt Schneider.

Kurz nach dem Aufbruch beginnt es in Strömen zu regnen. Es geht über Feldwege, vorbei an Weiden und Streuobstwiesen. Die Esel scheint der Regen nicht zu stören. Das Grün am Wegesrand zieht sie magisch an. Eigentlich eine willkommene Ausrede für ein Päuschen. Nur nicht bei diesem Wetter. Dabei ist genau das die Idee beim Eselwandern. Das Tier bestimmt das Tempo. Entschleunigung ist angesagt. „In unserer hektischen Zeit fast schon ein Luxus“, findet Armin Schneider.

Der Esel strahlt Ruhe und Gelassenheit aus — und das färbt im Laufe der Wanderung auf den Menschen ab. Es wird Zeit für ein Gruppenbild mit den tierischen Mitwanderern. Verschickt an die Daheimgebliebenen mit der Frage: Wie viele Esel sind hier zu sehen?

Bei der Pause auf dem Metzenberg werden Bilbo und Gandalf mit einer langen Leine an zwei Bäume gebunden. „Alles, was auf dem Boden wächst, dürfen sie fressen“, hatte Armin Schneider erklärt. In den Packtaschen warten Brot, Käse und Wurst als Stärkung auf die Wanderer.

Von hier aus führt der Weg steil bergab. Die Esel schreiten forsch voran, der matschige Untergrund scheint ihnen nichts auszumachen. Am Ortsausgang von Tawern bestimmen sie dann endgültig das Tempo. Bleiben alle zwei Meter stehen und fressen. Ignorieren das Ziehen an der Leine. Verhalten sich einfach wie störrische Esel aus dem Lehrbuch. Lasse dich auf das Tempo des Esels ein, wird zum Mantra der Wanderer. Die versuchen, die Esel mit Löwenzahn zum Weitergehen zu überreden — und erfahren später, dass man ruhig auch mal etwas strenger sein darf. „Sonst machen die Tiere mit einem, was sie wollen“, sagt Armin Schneider schmunzelnd. Denn der Esel habe schließlich seinen eigenen Kopf.

Gerade wollen Bilbo und Gandalf vor allem eins: fressen, fressen, fressen. Der Stall ist schon in Sichtweite, die Wanderer sind durchgefroren, aber das Gras am Wegesrand leuchtet so viel grüner als das auf ihrer Wiese. Schließlich geben sie dem Drängen der menschlichen Begleiter doch nach. Gegen halb sechs erreicht das Quartett wieder den Stall. Sechs Stunden für zwölf Kilometer — die Entschleunigung hat funktioniert.

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