Nonnen, Märchenkönig und Fisch - Die Inseln im Chiemsee

Chiemsee (dpa/tmn) - Noch immer herrscht am Chiemsee Geschlechtertrennung - zumindest dem Namen nach. Auf Herrenchiemsee zieht vor allem eine Kopie des Schlosses von Versailles die Besucher an. Die Fraueninsel lockt Urlauber mit ihrem Kloster und altem Handwerk.

Am Abend wird es still auf Frauenchiemsee. Ganz still. Die Wellen des Chiemsees plätschern sanft gegen die Bootsstege, und ein paar Jogger drehen ihre Runden auf dem Uferpfad. Nur 620 mal 300 Meter misst die Fraueninsel mit ihren 300 Einwohnern, 50 Häusern, zwei Hotels und vier Gasthäusern.

„Wir leben in einer begnadeten Region, wir haben den See und die Alpen“, sagt Monika Huber in ihrem Inselladen. Vor mehr als 30 Jahren kam die gebürtige Münchenerin auf die Fraueninsel, heute führt sie als Inselguide Besuchergruppen. Bei dem Rundgang entlang der farbenfrohen Blumengärten tauchen die Gäste ein in die Geschichte der Insel - und des benachbarten Herrenchiemsee: Um das Jahr 625 entstand das dortige Kloster, 782 folgte die Gründung des Konvents auf Frauenchiemsee. Im Jahr 1803 wurden die Klöster aufgelöst, das Augustiner-Chorherrenstift auf der Herreninsel in ein Schloss umgestaltet. Auf der Fraueninsel gab es schon 1837 wieder Nonnen, heute leben dort 23 Benediktinerinnen.

„Über viele Jahrzehnte haben die Inseln ihr Gesicht gewandelt“, berichtet Monika Huber. Früher arbeiteten Handwerker für das Nonnenkloster auf der Fraueninsel. Heute leben die Insulaner vom Tourismus. „Die allermeisten Besucher bleiben nur ein paar Stunden. Aber es gibt auch Urlauber, die schon als Kinder mit ihren Eltern hierherkamen und nun Jahr für Jahr mit ihren Familien wiederkehren“, so Huber.

Die besondere Stimmung der Insel genießen sie während der Hochsaison im Juli und August erst am Abend, wenn die letzten Schiffe mit bis zu 10 000 Tagesgästen in Richtung Festland abgelegt haben. Liebhaber der Fraueninsel reisen daher erst im Spätsommer auf das Eiland.

Auf der benachbarten Herreninsel strömen die Besucher in Scharen zum Schloss von König Ludwig II., dem Märchenkönig. Der kunstsinnige Monarch ließ den Palast mit dem Barockgarten und den Wasserspielen ab 1878 als Abbild des Schlosses von Versailles errichten - zur Ehre des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV. Manches geriet noch prunkvoller als das Original in Frankreich. 98 Meter misst der große Spiegelsaal mit 17 Bogenfenstern, 33 Glaslüstern und 44 Standleuchtern für insgesamt 1848 Kerzen.

Acht Jahre lang bis zum mysteriösen Tod des Königs 1886 wurde an dem Schloss gebaut, es blieb unvollendet. Nur neun Tage soll der Märchenkönig auf der 240 Hektar großen Insel verweilt haben, schon bald nach seinem Tod wurde es für Besucher geöffnet.

Jüngere Geschichte wurde auf Herrenchiemsee ebenfalls geschrieben: Im August 1948 kam im Alten Schloss der Verfassungsausschuss der Ministerpräsidentenkonferenz der westlichen Besatzungszonen zusammen. Nach diesen Beratungen entstand das Grundgesetz, das im Mai 1949 in Bonn verabschiedet wurde. Eine Ausstellung in dem ehemaligen Augustiner-Chorherrenstift erinnert an den wegweisenden Schritt zur Bundesrepublik Deutschland.

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