Jugendstil und Rock'n'Roll: Bad Nauheim schwelgt in Erinnerungen

Bad Nauheim (dpa/tmn) — Bad Nauheim in der Wetterau war in der Belle Epoque ein Kurbad von Weltruf. Die größte geschlossene Jugendstilanlage Europas hat zwar historische Patina angesetzt. Doch die prominenten Gäste bleiben lebhaft in Erinnerung.

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Foto: dpa

Vor allem Elvis Presley.

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Otto von Bismarck war hier, der saudische König Saud erholte sich. Dazwischen kurte die vielgereiste Sisi in Bad Nauheim, Zarin Alexandra und die deutsche Kaiserin Auguste Viktoria. Als der saudische König und sein 70-köpfiger Hofstaat es 1959 in ausschweifenden Banketten noch einmal so richtig krachen ließ, wohnte auch Elvis Presley in der Stadt in der Wetterau. Dann ging es bergab mit der Weltbedeutung des Heilbades, das dank der Sole im 19. Jahrhundert kometenhaft vom Salzsiederdorf in die erste Liga des Kurwesens aufgestiegen war. Doch sein Glanz schimmert noch.

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Wenn die Gästeführer die Besucher durch das überschaubare Areal führen, erzählen sie von den prominenten Gästen, die ein oder andere Anekdote inklusive. Auch Alfred Krupp, August Bebel, Karl May oder Erich Kästner stärkten sich an den drei Quellen mit den heilungsfördernden Salzen aus dem 250 Millionen Jahre alten Zechsteinmeer. Franklin D. Roosevelt besuchte hier kurzzeitig die Volksschule, und Albert Einstein verteidigte 1920 seine Relativitätstheorie.

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Im Zentrum der Führungen steht aber immer eines: die größte geschlossene Jugendstilanlage Europas, die mitten in der Sichtachse vom Jugendstil-Bahnhof über den Kurpark bis zum Johannisberg das Stadtbild prägt. Erbauen ließ sie der kunstsinnige hessische Großherzog Ernst Ludwig zwischen 1905 und 1912 von Architekten und Künstlern der Darmstädter Künstlerkolonie Mathildenhöhe. Denn das damalige Bad für Herz- und Kreislauferkrankungen war zu klein und alt geworden, um die große Nachfrage nach gefäßerweiternden Kohlensäurebädern und verdauungsfördernden Trinkkuren mit Heilwasser zu bedienen.

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Die Neuanlage wurde ein großer Wurf, der trotzig mit floralen Ornamenten und geometrischen Dekorationen gegen die Industrialisierung kämpfte, die neue Technik aber geschickt für den effizienten Badebetrieb nutzte. Sechs symmetrisch gestaltete Badehäuser flankieren die kunstvoll eingefassten Quellen im Sprudelhof.

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Vier Fürstenbäder, von denen im Badehaus 2 noch eines existiert, waren dem Geld- und Hochadel vorbehalten. Während gewöhnliche Kurgäste in prickelnden Bädern in Wannen aus australischem Moaholz lagen, wirkte die gleiche Sole ganz diskret hinter unscheinbaren Seiteneingängen in marmorner Pracht unter Goldmosaiken. Vor die schlichten Türen der Badesuite fuhr die Haute-Volée inkognito. Zarin Alexandra, deren Hofstaat stattliche 140 Personen stark war, blieb so zum Beispiel 1910 unbemerkt im Badebetrieb.

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Gleich neben der wuchtigen neugotischen Hallenkirche wohnte 1958 kurzzeitig der King of Rock'n'Roll in „Hilberts Park Hotel“. Elvis leistete damals im nahen Friedberg seinen zweijährigen Militärdienst ab. Er hat es hier zu einem großen Fanclub, einem nach ihm benannten Platz mit einem Denkmal vor dem „Hotel Grunewald“ und einem regelmäßig veranstalteten Festival gebracht.

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