Apfelwein: Das „Stöffche“ wird gesellschaftsfähig

Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Überall in Sachsenhausen gibt es Apfelwein, aber nicht nur dort: Das „Stöffche“ schmeckt auch in vielen anderen Stadtteilen Frankfurts. Besucher der Mainmetropole sollten mal ein „Geripptes“ davon kosten, vielleicht zu Handkäs mit Musik.

„Nur zu, der beißt nicht“, verspricht Hans seinen Gästen. Er kennt diese Blicke in der traditionsreichen Apfelweinkneipe „Kanonesteppel“ in Frankfurt. Der Kellner kennt auch die verzogenen Mienen derjenigen, die zum ersten Mal einen Schluck des sauren „Stöffches“ probieren. Eines Stöffches, das keineswegs nur in den Apfelweinwirtschaften der Bankenmetropole beliebt ist.

Es hält sich das Gerücht, ein „Ebbelwoi“ schmecke erst nach dem dritten Glas. Die gebürtige Frankfurterin Karin Ceballos Betancur nannte den Apfelwein in einer Hass-Hymne einmal „eines der widerlichsten Getränke“, das „schmeckt wie flüssiger Schimmel“. Aber Apfelwein-Freunde wie Hans ficht das nicht an: Sie haben gelernt, dass sie nicht jeden Gast mit einem Schoppen beglücken können.

Dabei ist die Bedienungsanleitung für den Sauer-Stoff denkbar einfach: „Erst in de Bembel, dann ins Gerippte, dann in de Herbert“, heißt es in Frankfurt. Wie bitte? Nun, der Bembel, das ist ein graublau glasierter Keramikkrug. Getrunken wird der Apfelwein aus dem sogenannten Gerippten. Im typischen Rautenmuster des Glases reflektiert das Licht - und durch die Rauten können die Finger nicht so schnell abrutschen, wenn der Abend mal länger wird.

Aber bevor der „Schoppe“ in Bembel oder Geripptes fließt, dauert es seine Zeit: In der Kelterung wird das Obst in die Pressen gefüllt - es rinnt dort der sogenannte Süße heraus, ein trübes, alkoholfreies Getränk. Der Saft, der Mitte Oktober in den Fässern gärt, wird „Rauscher“ genannt. Da die Äpfel weniger Zucker als Trauben enthalten, fällt der Alkoholgehalt aber geringer aus als beim Wein, er liegt in der Regel bei 5 bis 7 Volumenprozent.

Getrunken wird der Äppler pur, mit Mineralwasser oder Limonade. Zunehmend wagt sich der „Äppelwoi“ auch aus dem Bembel heraus: Der Trend geht zu hochklassigem Apfelweinausbau und Bioproduktion, meint Deutschlands erster Apfelwein-Sommelier Michael Stöckl. Lange seien Vielfalt und Internationalität des Getränks unterschätzt worden. Immer häufiger experimentieren Kellereien mit ihrem „Äppler“, den es heute bereits als Schaum- oder Perlwein gibt. Man reicht ihn zum Dessert oder genießt ihn als Apfel-Sherry. Und immer häufiger gibt es den Apfelwein auch dort, wo man ihn nicht auf der Getränkekarte erwartet: „In vielen hessischen Szenebars werden die neuen Mixgetränke angeboten“, sagt Alexandra Ott vom Keltereienverband.

Da mutet es dann geradezu gemütlich an, wenn vor allem an Wochenenden der bunt bemalte Frankfurter „Ebbelwei-Expreß“, eine Sonderlinie der Frankfurter Straßenbahn, durch die Straßen Sachsenhausens bimmelt. An Bord wird ordentlich aus- und natürlich mächtig eingeschenkt, mit „Stöffche“, versteht sich. Die erste Schankerlaubnis für das „Stöffche“ in Frankfurt wurde 1754 erteilt. Wer eine besaß, der hängte einen Fichtenkranz mit Apfel in der Mitte vor seine Wirtschaft. Auch heute gilt noch, „Wo's Kränzche hängt, wird ausgeschenkt“.

Noch ein Tipp für den Ausflug? Ein Besuch lohnt sich auch in einer der traditionellen Apfelweinkneipen nicht unbedingt in Sachsenhausen, dem Viertel mit dem starken Lokalkolorit, sondern in Ortsteilen wie Bornheim. Auch hier finden sich traditionelle Stuben wie die „Sonne„, in denen die Einheimischen an den Holztischen zusammensitzen und sich von Hans' Kollegen nicht nur den Äppler bringen lassen. Und auch dort stehen Frankfurter Klassiker auf der Karte wie Handkäs' mit Musik - Sauermilchkäse in einer würzigen Marinade -, Frankfurter Rippche oder Eier in der berühmten Frankfurter „Grii Soß“, einer Kräutersoße.

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