Und ewig lockt der Apfel im Saarland

Auf den Spuren des Apfelweins geht es über die Viezstraße bis kurz vor Trier.

Saarland. Hoch über Tünsdorf liegen die Apfelwiesen von Josef Jacoby. Der Obstbauer zeigt auf den Talhang gegenüber: "Dort drüben werden wir einen weiteren Apfelgarten anlegen. Die alten Bäume haben wir gerade frei geschnitten." Jacobys Gehöft aus dem Jahr 1833 liegt an der Viezstraße, die sich von Wallerfangen bis nach Konz vor den Toren von Trier hinzieht. "Viez" - so heißt der Apfelwein des Saarlands. Die Bezeichnung wird zurückgeführt auf das lateinische vice vinum, was soviel bedeutet wie Stellvertreter des Weins.

"Unser Viez hat fünf bis sechs Prozent Alkohol", erläutert Obstbauer Jacoby den Besuchern seines Biohofs. Im Saarland hat er eine lange Tradition, denn in alten Zeiten wurden die Äpfel auf vielen Bauerngehöften als belebendes Getränk für kalte Wintertage gepresst. Im Sommer bot der Viez eine kühle Erfrischung bei der mittäglichen Pause während der harten Arbeit auf den Äckern.

Heute führt die Viezstraße im Saarland mitten durch das Obstland, den Saargau. Weite Felder auf der einsamen Hochebene, Weiden und Streuobstwiesen mit Apfelbäumen, Mirabellen, Pflaumen und Kirschen prägen die Landschaft. Alte Bauerngehöfte, wie Reihenhäuser Wand an Wand gebaut, bestimmen mit ihren breiten Toreinfahrten das Bild der Dörfer im Dreiländereck Deutschland, Frankreich und Luxemburg.

Wer das erste Teilstück der Viezstraße hinter sich gelassen hat, findet nahe Büdingen plötzlich das Hinweisschild auf die "Steine an der Grenze". Bildhauer aus Europa, Asien, den USA und dem Nahen Osten haben entlang der Grenzlinie Deutschland-Frankreich an Wiesenecken und Feldrainen 29 Kunstwerke erstellt. Beeindruckend ist die tonnenschwere Skulptur von Thomas Wojciechowicz: Zwei Sandsteinplatten überbrücken den Grenzstein aus dem Jahr 1830 und bauen symbolhaft das deutsch-französische Haus.

Als Autoroute schlängelt sich die Viezstraße auf 147Kilometern durch das Saarland hinüber nach Rheinland-Pfalz. Die Viezregion bei Merzig ist eine uralte Kulturlandschaft, die schon von den Römern besiedelt wurde. Davon zeugt in Perl-Borg die rekonstruierte Römische Villa, deren Fundament auf das zweite Jahrhundert nach Christus hindeutet.

Geschichte und Gegenwart treffen sich an der Viezstraße in Orscholz: Dort besuchen Jahr für Jahr hunderttausende Reisende aus aller Welt die Klippe "Cloef". Von der Felsenkanzel in 400 Metern Höhe bieten sich atemberaubende Aussichten auf die Saarschleife. Zehn Kilometer lang zwängt sich der Fluss in einer imposanten Kurve durch die bewaldete Mittelgebirgslandschaft mit ihren steilen Berghängen.

Viele Ausflügler zieht es während der Erntezeit in die "Region de Cidre", wie der Landstrich bei Merzig von den französischen Nachbarn in Lothringen auch genannt wird. Überall auf den Dörfern laden von Mitte September bis Ende Oktober Erntefeste zum Feiern und Vespern ein. In Tettingen-Butzdorf führt der Obstbrenner Alois Becker beim "Äppelfeschd" am 10. und 11.Oktober Gäste durch sein privates Brennereimuseum. Mehr als 30Obstbrennanlagen aus der Zeit zwischen 1650 und 1970 hat er zusammengetragen.

Rund 100 Brennereien an der Viezstraße veredeln Äpfel, Mirabellen oder Pflaumen zu Obstwässern. Wegen der Branntweinsteuer wachen Zollbeamte mit Argusaugen über die Familienbetriebe: Bei 42Prozent Alkohol verdient Vater Staat entsprechend mit. Prösterchen!

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