Überwintern im ewigen Frühling - Langzeiturlauber auf Teneriffa

Puerto de la Cruz (tmn/dpa) - Sonne statt Nieselregen, Flip-Flops statt Winterstiefel: Vor allem ältere Menschen träumen davon, die kalten Wintermonate in wärmeren Gefilden zu verbringen. Teneriffa ist dafür bestens geeignet - für diejenigen, die sich darauf einlassen.

Hans Willi Blum und seine Frau Margret haben sich einen Traum erfüllt. Wenn andere Wintermantel, Mütze und Schal aus dem Schrank holen, packen sie ihre Sommerkleidung in den Koffer. Das Ehepaar aus Bad Homburg verbringt seit über 15 Jahren fast jeden Winter ein paar Wochen oder sogar Monate auf der spanischen Atlantikinsel Teneriffa. An der Nordostküste, ganz in der Nähe von Puerto de la Cruz, haben sie sich eine Ferienwohnung gekauft. Vom Balkon aus kann man das Meer sehen.

Die beiden hatten sich lange überlegt, wo sie im Ruhestand ihr Winterquartier aufschlagen wollten. Sie haben die Welt gesehen. Als ehemaliger Verkaufsmanager bei einer Airline lebte Hans Willi mit seiner Familie über 20 Jahre lang in den unterschiedlichsten Ländern - von Italien und Holland bis zu Libyen und Pakistan. „Am wohlsten fühlten wir uns aber immer in tropischen und subtropischen Ländern“, sagt der heute 72-jährige Rentner. So fiel die Wahl auf Teneriffa.

Aufgrund der Lage mitten im Atlantischen Ozean vor der Küste Westafrikas ist dort das Klima ganzjährig mild. Nicht umsonst heißen die Kanaren auch Inseln des ewigen Frühlings. Im Sommer wird es selten heißer als 30 Grad, und selbst in den Wintermonaten liegen die durchschnittlichen Tagestemperaturen bei angenehmen 23 Grad.

Hans Willi und Margret unternehmen lange Strandspaziergänge oder Wanderungen im Inselinneren, während sich die Menschen in Deutschland durch den Schneematsch kämpfen. „Langweile kommt hier auf Teneriffa wirklich nicht auf“, versichert Hans Willi. Dennoch wollen sie nicht das ganze Jahr hier leben.

Hannelore Fahrenkopf hätte hingegen kein Problem damit, auf Teneriffa das ganze Jahr zu verbringen. Doch Freunde und vor allem ihre zwei Töchter und die Enkelkinder locken sie jedes Jahr zu Ostern wieder nach Meersburg am Bodensee. „Ich habe dort ein wunderschönes Haus mit Blick auf die Schweizer Alpen. Doch freue ich mich immer wieder darauf, spätestens im Oktober nach Teneriffa zurückzukehren. Teneriffa ist meine zweite Heimat geworden“, sagt die 75-jährige Rentnerin.

Wie für Hannelore sind Diakon und Gemeindereferentin Bertram und Andrea Bolz auch für die meisten anderen Residenten aus Deutschland eine wichtige Anlaufstelle auf der Insel. Im Haus Michael laden sie regelmäßig zu Kultur- und Musikveranstaltungen ein. Es gibt einen Männerstammtisch, Frauenfrühstück, einen Gesangsverein und Filmabende. Am Montag werden Spanisch-Sprachkurse angeboten. „Zweifelsohne sind wir eine Art Kontaktbörse“, erklärt Gemeindereferentin Andrea Bolz.

Viele Residenten sind auf Teneriffa viel stärker in die Kirchengemeinde integriert als vielleicht in ihrer Heimat, sagt Diakon Bolz. Der Grund: Das Überwintern auf Teneriffa kann auch seine Schattenseiten haben.

Nicht selten leiden Überwinterer an Heimweh und Vereinsamung, da sie die Sprache nicht sprechen und wenige Bekannte haben. Vor allem alleinstehende Residenten haben gerade an Weihnachten zu kämpfen. „Sie brauchen dann jemanden, der ihnen zuhört“, erklärt Diakon Bolz, der zusammen mit seiner Frau bereits seit 1999 die katholische Residentengemeinde in Puerto de la Cruz leitet.

Man sollte auf jeden Fall die Sprache lernen und ein gewisses Maß an Offenheit mitbringen, meint auch Hans Willi Blum. „Ich kann hier nicht herkommen und meinen deutschen Lebensstil führen. Viele Dinge sind hier halt anders als daheim, und das muss man akzeptieren“, sagt der deutsche Rentner. Wer sich über Unpünktlichkeit oder die Lautstärke der Spanier aufrege, sei auf Teneriffa vielleicht nicht am richtigen Platz. Es gebe ein schönes Sprichwort, meint Hans Willi: „Lärm macht erst dann krank, wenn man sich darüber ärgert.“

Franz-Josef Sager und seine Frau Silvia kamen nicht mit der Mentalität der Spanier zurecht. Nach sieben Jahren ist das Schweizer Ehepaar wieder in den heimischen Kanton Thurgau gezogen. „Wir suchten die Wärme, und die südländische Art gefiel mir im Vergleich zu uns trockenen Schweizern schon immer“, sagt der 74-jährige Rentner. Die Lebensfreude und Hilfsbereitschaft der Spanier schätze er immer noch. Aber die Uhren würden hier schon anders ticken. Handwerker hielten ihre Arbeitszeiten nicht ein, die Straßen seien schlecht ausgebaut, die Umweltverschmutzung missfällt ihnen.

Auch das kulturelle Angebot und das Essen seien auf Teneriffa ihrer Meinung nach bescheiden. Doch gibt er auch zu, selber Fehler gemacht zu haben. Sie lernten nie Spanisch und fanden folglich wenige Freunde. Spanischer Rotwein, mediterrane Küche, Sonne und Strand sind eben doch zu wenig, wenn man Monate lang an einem fremden Ort leben möchte - auch im ewigen Frühling.

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