Trends für die „Generation 55 plus“

Veranstalter richten ihre Angebote verstärkt auf diese Zielgruppe.

Düsseldorf. Da sind sich TUI-Direktor Andreas Castorff (44), Axel Hübner(59) von "Neckermann Vital" und die übrigen Experten für Reisende in den besten Jahren einig: "Die Generation 55 plus ist die künftig wichtigste Zielgruppe." Dr. Martin Buck, Direktor der Tourismus-Messe ITB in Berlin, hält die "Best Ager" sogar schlechthin für den Wachstumsmotor der Reise-Industrie.

Doch niemand weiß so richtig, was die Reisenden in den besten Jahren genau wollen. Die Bedeutung der Senioren für den wirtschaftlichen Erfolg der Branche ist klar: Schon heute ist jeder dritte Bundesbürger älter als 55 - das sind 26,3 Millionen Menschen. "Sie reisen gern und haben das Geld dafür", so Axel Hübner. 80Prozent der über 55-Jährigen verreisen regelmäßig, bei den über 70-Jährigen sind es beachtliche 60 Prozent, bei den über 80-Jährigen noch 38 Prozent.

Die "Generation 55 plus" gibt fast 50 Prozent mehr für Urlaubsreisen aus als der Durchschnitt der Bevölkerung. Denn ihr verfügbares Haushaltseinkommen ist überdurchschnittlich hoch, jeder zweite "Best Ager" ist Hausbesitzer, und die Hypothek ist meist schon abbezahlt. Laut ADAC Reisemonitor 2009 legen die Senioren im Schnitt 1800Euro für eine Reise an.

Während die Reisedauer allgemein zurückgeht, bucht mehr als die Hälfte der "Best Ager" zwei, 20 Prozent sogar drei Wochen. Eine traumhafte Zielgruppe also, wenn da nicht ein Dilemma wäre: "Man kann 55 plus nicht über einen Kamm scheren, es gibt keinen Einheitstyp", so TUI-Mann Casdorff. Dazu gehören Rentner, aber auch Freiberufler, die mit 70 noch arbeiten. Der 60-Jährige, der schon Urenkel hat, und der 60-Jährige, der gerade seinen Jüngsten aufs Gymnasium bringt.

Faulenzer und Genießer sind dabei, aber auch umtriebige Welt-Entdecker. Die einsame Witwe, die auf Reisen in erster Linie Geselligkeit sucht, und das Ehepaar, das sich vor allem Ruhe und Zweisamkeit wünscht. Bedürfnisse, Ansprüche und Wünsche sind entsprechend verschieden. Ein Standardangebot für die Zielgruppe kann es also nicht geben. Gemeinsam haben die "Best Ager" eigentlich nur, dass sie Komfort, gutes und gesundes Essen und Service schätzen.

Senioren beklagen, wenn wieder ein Bahnhof die Kofferkulis abschafft. Die wenigen Gepäckträger, die es noch oder wieder auf Großstadt-Bahnhöfen gibt, können von den Koffer-Honoraren nicht leben. Man schätzt die Kofferboys, die in Hotels das Gepäck aufs Zimmer bringen, aber man demonstriert auch gern Fitness, indem man selbst schleppt.

Die Hamburger Spezialfirma "Tefra" holt Gepäck an der Wohnungstür ab und bringt es weltweit pünktlich zum Check-in-Schalter im Flughafen, in Hotelzimmer oder in Kreuzfahrt-Kabinen. Gebühr pro Stück: zwischen 34,90 und 59,90 Euro innerhalb Deutschlands. "Mein Schiff", das TUI-Kreuzfahrtschiff für gehobene Ansprüche, hat bisher nur rund drei Prozent der Passagiere an den Koffer-Service vermittelt.

"Best Ager" geben gern Geld für hochwertige Reisen aus, aber sie betreiben auch leidenschaftlich gern die Schnäppchenjagd. Darauf spekulieren Reiseveranstalter, die für "55 plus" Rabatte bis 25 Prozent bieten. Weil viele Senioren Stammgäste in einem bestimmten Hotel sind und da am liebsten ihr gewohntes Zimmer haben wollen, hat Neckermann für den kommenden Winter einen speziellen Vorverkaufskatalog für "Best Ager" herausgebracht. Nur wer früh bucht, sichert sich sein Wunschzimmer.

Die 17 Clubs "Neckermann Vital" und die neun "Clubs Elan" der TUI sind längst über das gemeinsame Blutdruckmessen hinaus. Das Programm für "Fitness in Gesellschaft" musste jedes Jahr erweitert werden. Die Angebote reichen bis zum Computer- und Handy-Führerschein. Professionell geführte Wanderungen sind gefragt: 10000 verkaufte Neckermann vergangenen Winter allein auf Mallorca. Die meisten Senioren suchen das Gemeinschaftserlebnis, können aber tobende Kinder nicht ertragen. Deshalb empfehlen ihnen die Reisebüros Hotels, die keine Kinderermäßigungen anbieten.

Viele Senioren wollen die Welt entdecken. Deshalb bieten Veranstalter vermehrt Rund-, Studien- und Städtereisen an. Dabei quält die Älteren jedoch die Sorge, dass sie in der Wüste Gobi plötzlich krank werden. Ärztlich begleitete Rundreisen sind deshalb der neueste Hit unter den "55 plus"-Angeboten.

Auch haben die Reiseveranstalter inzwischen gelernt, dass bei den "Best Agern" Deutschland und die Alpen weiter an Beliebtheit zulegen: Die demografische Entwicklung kommt Deutschland zugute.

Alle Ideen, Reiseinformationen nur noch via Internet zu verbreiten und auf Kataloge womöglich ganz zu vernichten, kommen bei "55 plus" gar nicht an. Kataloge, in denen man in aller Ruhe blättern kann, wollen die Best Ager auf keinen Fall missen, so der ADAC-Reisemonitor.

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