Steinernes Herz Spaniens: Wandern in der Sierra de Gredos

Hoyos del Espino (dpa/tmn) — Die Sierra de Gredos befindet sich gerade einmal zwei Autostunden von Madrid entfernt. Dennoch handelt es sich bei dem Zentralmassiv mit seinen spektakulären Granitkolossen um eine der ursprünglichsten Gebirgslandschaften Spaniens.

Ausnahmsweise gibt mal nicht der Mensch den Ton an. Die Sierra de Gredos ist das Reich der Steinböcke. Es fängt bereits wenige Kilometer nach einem Plataforma genannten Parkplatz an. Dort endet die Landstraße vom Dorf Hoyos del Espino aus kommend abrupt auf 1780 Metern Höhe vor gigantischen Granitfelsen.

Zunächst führt der Weg aber kurzzeitig ins Reich der Kröten. Sie beherrschen die grüne Hochebene Prado de las Pozas — zumindest akustisch. Die grüne Almenlandschaft ist durchzogen von kleinen Gebirgsbächen und Teichen.

Ein kräftiger Knall durchbricht plötzlich die Stille der Gebirgswelt. Erika und Wilfried bleiben stehen. „Was war das denn?“, fragt sich das Ehepaar aus dem norddeutschen Friesoythe, das einen Madrid-Besuch mit ein paar Wandertagen in der nahen Sierra de Gredos verbinden möchte. Sie schauen in alle Himmelsrichtungen. Zunächst ist nichts zu sehen. Doch dann gucken zwei Steinböcke von einem Felsvorsprung, der sich nur wenige Meter über dem Wanderpfad befindet.

Immer wieder schmettern die beiden ausgewachsenen Steinböcke mit einem gewaltigen Knall ihre Hörner gegeneinander. Plötzlich steht eine ganze Herde von Steinböcken am Weg Spalier. Bedroht fühlen sie sich vom Menschen offenbar nicht.

Angesichts der allgegenwärtigen Steinböcke hätten Erika und Wilfried beinahe den eiszeitlichen Bergsee übersehen. Die Laguna Grande ist einer von fünf großen Bergseen in der Region. Bevor es zurück nach Hoyos del Espino geht, einem typisch zentralspanischen Bergdorf auf 1500 Metern Höhe, kühlt Erika ihre Füße im eiskalten Gebirgssee ab.

Das Zentralmassiv zerschneidet die Ebene Kastiliens nicht nur in einen nördlichen und einen südlichen Teil, sondern teilt die Region auch klimatisch: Der Norden ist rau. An den südlichen Hängen herrscht mit Palmen, Feigen, Orangen und Oliven ein eher mediterranes Flair. Die nur dünn besiedelte, von Viehwirtschaft geprägte Nordseite des Gebirges steigt relativ flach an und ist ideal für leichtere Wanderungen. Der südliche Teil der Sierra de Gredos ist eher etwas für erfahrene Wanderer und Kletterer.

Der spanische Schriftsteller und Philosoph Miguel de Unamuno bezeichnete die Sierra de Gredos als das „Dach Kastiliens und steinerne Herz Spaniens“. Für viele Spanier ist der heutige Naturpark also nicht nur ein Wanderparadies, sondern auch ein Ort nationaler Gefühle.

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