Raus die Daumen, fertig, los?! - Trampen ohne Grenzen

Portland (dpa) - Wenn die Leipziger Studenten Craig Antweiler und Robert Friedrich (beide 24) auf Reisen gehen, dann starten sie oft an Tankstellen oder Autobahnraststätten. Trampen ist Trumpf.

Raus die Daumen, fertig, los?! - Trampen ohne Grenzen
Foto: dpa

„Das klassische Trampen mit Daumeneinsatz funktioniert meiner Erfahrung nach in Europa weniger gut. Erfolgreicher ist es, die Fahrer direkt anzusprechen“, sagt Antweiler bei einem Aufenthalt in der amerikanischen Szene-Metropole Portland im US-Staat Oregon. Er ist bereits in 40 Ländern getrampt, darunter zum Beispiel auch der Iran.

Während das Mitfahren in den 60er und 70er Jahren angesagt war, gab es in den folgenden Jahrzehnten weniger Tramper. „Wir haben den Eindruck, dass die Anzahl in den letzten Jahren wieder steigt, genaue Zahlen gibt es leider nicht“, sagt Jona Redslob, Vorsitzender des deutschen Trampvereins Abgefahren, in Magdeburg.

Gerade in Zeiten steigender Fortbewegungskosten könne Trampen als ökonomisch und ökologisch günstiges Transportmittel punkten. Denn gezahlt wird anders. „Die Währung, die du mitbringst, sind unterhaltende Geschichten und ein offenes Ohr“, sagt Antweiler.

Digitale Kommunikationsmöglichkeiten und die gute Online-Vernetzung der Trampergemeinde erleichtern das Fahren per Anhalter. So gibt es zum Beispiel Projekte wie das Informationsportal „ hitchwiki.org“. Den Leipziger Studenten geht es aber vor allem um das klassische Freiheitsgefühl.

„Beim Trampen lernst du Sachen, über die du noch nie nachgedacht hast. Es ist ein demokratisches Sozialerlebnis“, sagt Antweiler. „Man erhält einen ungefilterten Querschnitt durch die Gesellschaft, denn man hat ja keinen Einfluss darauf, wer einen mitnimmt“, sagt Friedrich, der per Anhalter schon in 25 Ländern mitfuhr.

Weltweit, so sind sich beide einig, existierten keine erkennbaren Unterschiede zwischen den anhaltenden Fahrern. „Es gibt da keinen bestimmten Typ Mensch. Ich habe sogar Statistiken geführt, aber es kam einfach nie ein Bild zustande“, sagt Friedrich.

Die zwei Mitfahr-Experten wünschen sich einen Imagewandel des ihrer Meinung nach vor allem in westlichen Ländern immer noch verpönten Trampens. „Es ist ein grünes Fortbewegungsmittel, das neue Freundschaften schaffen kann“, sagt Craig, der wie Redslob Mitglied beim Verein Abgefahren ist.

Erklärte Ziele des Vereins sind die Förderung einer europäischen Trampkultur und der Aufbau eines internationalen Netzwerks. Seit 2008 veranstaltet er die Deutsche Meisterschaft im Trampen, die jährlich an Pfingsten stattfindet. Dieses Jahr startet das Rennen in Cottbus. In Zweier-Teams wird von A nach B um die Wette getrampt. Der Zielort wird erst beim Start bekanntgegeben.

Die Wettrennen sollen Trampen wieder populärer machen. „Sozialer Austausch und Spaß stehen bei uns im Mittelpunkt, es gibt kaum Regeln“, erklärt Craig. Disziplinierter und mit eigenem Regelwerk geht es bei den Wettrennen der Deutschen Trampsport Gemeinschaft zu. 2012 nach russischem Vorbild gegründet, will der Club Trampen als Sportart etablieren.

Am Osterwochenende hatte ein weiterer Verein, der Club of Roam - Autostop!, ein Wettrennen im nordrhein-westfälischen Minden veranstaltet. Unter dem Motto „Rumeiern in Minden“ mussten die Teilnehmer trampend die im Gebiet versteckten Ostereier finden. „Seit 2011 veranstalten wir jedes Jahr eine Oster-Competition“, sagt Marco Weber, Vorstandsmitglied des Vereins.

Das Austesten von Grenzen ist auch im Alleingang beliebt. Wie weit kann die Reise gehen? Friedrichs längste Strecke betrug um die 12 000 Kilometer und führte quer durch Kanada und Teile der USA. „Es herrscht ein anderes Verhältnis zu Distanzen als in Europa.“

Für eine Wette unter Freunden trampte Antweiler 2011 von Istanbul nach Shah Alam in Malaysia. „Ich wollte dort Freunde besuchen, hatte einen ganzen Monat Zeit und in Gesprächen mit Freunden entwickelte sich die Idee.“ Nach vier Wochen schaffte er es damals ans Ziel. Den 8000 Kilometer langen Trip hielt er in einem Blog mit dem Namen „ Thumbing Asia from West to East“ fest.

Als Tramper und mitnehmender Fahrer ist bei all den Abenteuern stets Vorsicht geboten. Die Polizei warnt vor Straftaten. Statistiken zu Delikten beim Trampen sind allerdings nicht bekannt.

„Die beste Ausrede von Fahrern habe ich in Seattle gehört. Ein Mann zeigte auf die Rückbank seines Wagens und sagte, seine Frau liege in den Wehen“, sagt Antweiler. Ob es wirklich stimmte, wisse er nicht. Es sei auch egal, denn irgendwie komme man immer weiter.

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