Proteste, Entführungen und Streiks schrecken Ägypten-Urlauber ab

Kairo/Luxor (dpa/tmn) - Die politischen Unruhen in Ägypten schrecken viele Touristen ab. Vor allem in Kairo und Luxor bleiben viele Hotelbetten leer. Wer trotzdem kommt, kann teilweise von günstigen Preisen profitieren.

Die Lobby des Semiramis-Hotels in Kairo erstrahlt in neuem Glanz. Nichts erinnert mehr an die Randalierer, die hier in Januar die Einrichtung zerlegten und die Computer aus den Büros stahlen. Doch die Zahl der Gäste in dem Traditionshotel, das gerade ein supermodernes Konferenzzentrum eröffnet hat, ist nach wie vor gering.

In den Badeorten am Roten Meer sieht es besser aus, doch von den Hotels in der Kairoer Innenstadt sind die meisten im Moment nur zu 20 Prozent belegt. Die Ereignisse der vergangenen Monate wirken abschreckend auf viele Touristen und Geschäftsleute: Entführungen auf dem Sinai, Streiks bei der Bahngesellschaft, der Absturz eines Ballons für Touristen in Luxor und immer wieder Protestaktionen und Straßenschlachten, bei denen zentrale Straßen und Plätze blockiert werden.

In Luxor, wo viele der wichtigsten Sehenswürdigkeiten aus der Pharaonenzeit liegen, wurde in der vergangenen Woche erst das Tal der Königinnen von Dörflern gesperrt, die gegen eine Entscheidung der Behörde protestierten. Kurz darauf blieb das Tal der Könige einen Tag lang geschlossen, weil sich Souvenirhändler mit der Polizei angelegt hatten.

„Immer wenn wir gerade gedacht haben, jetzt geht es wieder aufwärts, dann ist wieder irgendetwas Dummes passiert“, seufzt die Marketing-Chefin eines Kairoer Fünf-Sterne-Hauses. Sie versucht, die Krise mit kaum schlagbaren Angeboten zu bekämpfen. Für weniger als elf Euro kann man in ihrem Hotel derzeit ein Vier-Gänge-Menü verspeisen.

Auch im Ägyptischen Museum am Tahrir-Platz herrscht deutlich weniger Betrieb als früher. Vor allem westliche Reisegruppen sieht man kaum. Dafür hat die Zahl der indischen und chinesischen Urlauber zugenommen. Die einzige deutsche Reisegruppe, die an diesem Morgen durch die düsteren Hallen des Ägyptischen Museums geführt wird, hat mit Phoenix-Reisen eine Nil-Kreuzfahrt gebucht. „Wir hatten keine Sicherheitsbedenken, weil man uns gesagt hat, dass die Reiseleitung immer genau Bescheid weiß, welche Orte man gerade meiden sollte“.

Der britische Arabisch-Student, den Hugo Hodge und Deborah Tyler aus London in Kairo besuchen, erhält von seiner Reiseversicherung in Großbritannien sogar regelmäßig aktuelle Sicherheitshinweise per SMS zugeschickt. Fasziniert steht das britische Ehepaar vor einer 3500 Jahre alten Stele. „Fast alle unsere Bekannten zu Hause haben uns für verrückt erklärt, weil wir trotz der angespannten Lage nach Ägypten fliegen wollten. Aber wir waren vor einigen Jahren schon einmal in Luxor und fühlten uns dort damals sicher“, sagt Tyler, die mit ihrem akkurat geschnittenen weißen Haar und der geblümten Bluse im Strom der größtenteils eher praktisch gekleideten Museumsbesucher auffällt.

Nervtötend fand das britische Ehepaar seinen frühmorgendlichen Besuch bei den Pyramiden von Giseh. „Wir waren dort fast die einzigen westlichen Touristen. Es war schrecklich. Die dort arbeitenden Besitzer der Pferde und Kamele haben kaum noch Kundschaft. Deshalb haben sie mit allen Mitteln versucht, uns einen Ritt aufzuschwatzen.“

Auch in Luxor sieht es düster aus. „Die Hotels sind nur zu rund 21 Prozent ausgelastet“, sagt der stellvertretende Vorsitzende der Vereinigung der Tourismus-Firmen in Luxor, Mohammed Othman. Er klagt: „Die politischen Entwicklungen in Kairo seit der Revolution haben sich sehr negativ auf die Zahl der Urlauber ausgewirkt“.

Zwar war die Zahl der Touristen 2012 um 17,4 Prozent auf 11,5 Millionen gestiegen. Doch das ist immer noch deutlich weniger als vor dem Sturz des Regimes von Präsident Husni Mubarak im Februar 2011. Im Rekordjahr 2010 kamen 14,5 Millionen Besucher.

Dass es nicht nur die Proteste und Streiks sind, die abschreckend auf einige Touristen wirken, sondern auch der politische Diskurs einzelner islamistischer Politiker, können viele Ägypter nicht verstehen. Sie sagen: „Warum, bisher wurde doch nichts verboten?“ Tatsächlich hat die islamistische Regierung bislang weder ein Bikini-Verbot erlassen, noch den Alkohol aus den Hotels verbannt.

Denn die Regierung weiß, dass radikale Schritte angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise fatale Folgen haben könnten. Immerhin machen die Einnahmen aus dem Tourismus-Sektor 11,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Vier Millionen Arbeitsplätze sind direkt oder indirekt vom Tourismus abhängig.

Der umtriebige Tourismusminister Hischam Saasu versucht deshalb im Irak und in Indien neue Märkte zu erschließen. Die europäische Kundschaft will er anlocken, indem er demnächst auf öffentlichen Plätzen Livebilder aus ägyptischen Touristenorten überträgt.

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