Peru: Atemlos in den Anden

Glitzernde Gletscher inmitten einer bizarren Bergkette: Die Anden sind atemberaubend schön. Auf den Spuren der Inka lässt sich die imposante Geschichte Perus erleben.

Peru: Atemlos in den Anden
Foto: Daniela Kebel

Cusco. Langsam, sehr langsam. Hier geht alles nur im Schneckentempo. Denn die Luft ist dünn. Wer sich zu einer Reise ins heilige Tal der Inka entschließt, sollte sich zuvor zwei Tage in Lima akklimatisieren — und die Hauptstadt des Landes mit ihrem bunten Treiben erkunden. Dann erst geht es hinauf nach Cusco und in die Berge Perus.

Überwältigend ragen sie empor: die Anden. Sie sind viel mehr als ein gigantisches Panorama mit Gletschern, deren Eis silbrig-blau in der Sonne glänzt. Sie sind geradezu mystisch und beeindrucken mit Ruinen aus der Zeit der Inka. Eine Reise in die Anden ist das Eintauchen in eine andere Art zu leben: Eine sehr einfache und naturverbundene. Ein Leben nach der Sonne. Bei jedem Atemzug das Gefühl, zu wenig Sauerstoff in die Lungen zu bekommen — nicht nur, weil die Kulisse atemberaubend schön ist. Cusco, eine Stadt mitten in den Anden, liegt auf 3500 Metern Höhe und verlangt europäischen Besuchern einiges ab. Hier gehören Tabletten gegen Höhenkrankheit und Cocablätter ins Gepäck, sonst sind Schwindel, Atemnot und Kopfschmerz ständige Begleiter. Das wäre schade, denn in der Stadt im Süden Perus gibt es so vieles zu entdecken: jeden Tag gelebtes Brauchtum und Menschen ist traditionellen Trachten auf den Straßen, Feste zu Ehren der Historie und des Sonnengottes. Und die Natur, die den Betrachter immer wieder alles drum herum vergessen lässt: Wenn der Blick über die Anden schweift, um dann hinauf zu wandern zu den Gletschern, deren Eis und Schnee grell das Sonnenlicht spiegeln.

Es ist heiß nahe am Äquator, die Sonne brennt vom wolkenlosen Himmel. „Ihr müsst mindestens Sonnenschutzfaktor 30 auftragen“, sagt Luz und verteilt eine weiße Schicht Sunblocker in ihrem Gesicht. Dann führt sie die kleine Gruppe Touristen durch ihre Stadt: „Cusco ist Tradition und Moderne in einem.“ Ein kleines Mädchen mit bunten Kleidern, langem, schwarzen Zopf und rotem Hut läuft wie bestellt vorbei und klammert sich dabei fest an den Hals ihres Lamas. Dessen wuscheliges, beigefarbenes Fell hängt in langen verfilzten Strähnen hinab. Sofort zücken alle ihre Kameras, Mädchen und Lama posieren bereitwillig und scheinen beide zu lächeln. Ein paar Fotos später hält das peruanische Kind die Hand auf: Jeder muss einen Sol bezahlen, umgerechnet etwa 25 Cent. „Davon leben hier viele Menschen“, erklärt Luz.

Winzige Läden säumen die engen Gassen der Altstadt. Knallbunte Taschen, Tücher, Schals, Ponchos und Röcke hängen an den Wänden, Schmuck gibt es in allen Farben und Formen, von blau-silbernen Lamas als Kettenanhänger bis zu geflochtenen Armbändern. Spiele und Musikinstrumente sowie kleine Snacks für zwischendurch liegen überall auf einfachen Tischen zum Verkauf. Beeindruckt von der Farbenpracht tut sich der Europäer aber mit den landestypischen Köstlichkeiten womöglich schwer: gegrillte Meerschweinchen am Spieß.

Nach nur wenigen Minuten Autofahrt verschmelzen die beige-braunen Häuser von Cusco mit ihren rötlichen Dachpfannen mit den umliegenden Bergen, von oben betrachtet, scheint die Stadt ein Teil der Anden selbst zu sein. Die erstrecken sich jetzt in einer bizarren Linie, an der es immer weiter entlang geht zu den Relikten der Inka. Braun, grau oder grün sind die Hänge, tiefe Furchen zeichnen diagonale Linien wie Muster in die Berge. Weit entfernt wirken sie wie graue Riesen. Aus der Nähe betrachtet sind ihre Hänge terrassiert, saftige grüne Reispflänzchen recken sich der Sonne entgegen. Ein Bauer pflügt mit einem Ochsen eins der kleinen Felder am Berghang — hier ist alles noch wie in alten Zeiten. Für einen kurzen Moment lässt sich das Bild einer romantischen Idylle im heiligen Tal der Inka einfangen.

Durch enge Serpentinen führt die Strecke von Cusco aus etwa 60 Kilometer Richtung Nordwesten zunächst hinab ins Tal des Urubamba-Flusses — das heilige Tal der Inka. Rechts und links des ausgetrockneten Flussbettes ragen Felswände auf, in weiter Ferne zeichnen sich bläuliche Gletscher ab. Die Sonne sticht, Sommer auf der Südhalbkugel. „Unsere Gletscher schmelzen, wir spüren deutlich die Erderwärmung“, ist Luz über die Entwicklung beunruhigt. „Es wird heißer während der Trockenzeit. Und die Gletscher sind unsere wichtigste Wasserversorgung.“

Oberhalb des Valle Sagrado, des heiligen Tals, liegen uralte Inkastädte wie Pisac und Ollantaytambo, besser gesagt ihre beeindruckenden Ruinen auf den Spitzen der Berge. Zwischen ihnen die landwirtschaftlich einst wichtigste Hochebene der Inka. Für den traumhaft schönen Blick hinunter ins Tal und auf die kleinen Orte mit ihren bunten Märkten, müssen Besucher in Ollantaytambo zunächst gigantische Felsstufen erklimmen. Das geht wieder nur ganz langsam und mit vielen Pausen auf den Steinen, welche die Inka vor hunderten Jahren vom gegenüber liegenden Bergmassiv durchs Tal hier herauf geschleppt haben. Mühsam schliffen sie die Steine glatt, bis die Seiten der Quader makellos eben waren. Vis-à-vis der Ruine strahlt die Nachmittagssonne den Berg an. Mitten in der Felswand sind eckige Bauten zu erkennen: Vorratskammern aus der Inkazeit. Darum herum die traumhafte Kulisse der Anden: dunkel im Gegenlicht und mit strahlend glänzenden Gletschern, den majestätischen Wächtern dieses Landes. Die Autorin reiste mit Unterstützung von Prom Peru.

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