Andalusien Märchenhaftes Granada

Um den Zauber aus 1001 Nacht zu spüren, muss man nicht in den Orient reisen. Das spanische Granada in Andalusien entführt Besucher in eine faszinierende arabische Welt.

Beeindruckend ist der Blick vom Albaicín auf die Alhambra. Im Hintergrund die schneebedeckten Gipfel der Sierra Nevanda. Foto: Turismo de Granada

In den engen verwinkelten Gassen riecht es nach Gewürzen und nach köstlichen orientalischen Speisen - vom arabischen Falafel bis zum marokkanischen Couscous und Tajine-Gerichten, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen.

Eine authentische Flamenco-Show kann man im Templo del Flamenco erleben. Foto: Antonia Kasparek

An jeder Ecke gibt es etwas zu entdecken: kleine Geschäfte, in denen duftende Tees angeboten werden, bunte Mokassins, Kerzen und Stoffe oder idyllische kleine Plätze, Mosaiksteine im Gehweg und Musik aus den vielen orientalischen Teterias (Teestuben).

Der Granatapfel „la Granada“ ist die symbolische Frucht Granadas, die der Stadt ihren Namen gegeben hat. Auch in ihrem Wappen ist ein Granatapfel zu sehen. Foto: Antonia Kasparek

Nein, wir befinden uns nicht in den Souks von Marokko oder dem Oman. Wir schlendern durch das spanische Granada, genauer gesagt durch das Viertel Albaicín, das aus einem faszinierenden Gassengewirr besteht. Hier ist das alte Andalusien spürbar, wie es zur Zeit der Mauren, die im Jahr 711 ins Land kamen, aussah.

Das Innere der Alhambra erinnert mit seiner verschwenderischen Fülle an Dekor und Stuck aus Holz und Stein, Mosaiken und Brunnen an die märchenhafte Pracht eines orientalischen Traums. Foto: Turismo de Granada

Steile Treppen führen zwischen den Häusern mit Gartenterrassen, den sogenannten Carmenes entlang. „Der Begriff ,Carmen' stammt aus dem Arabischen und lässt sich übersetzen mit Weintraube oder Weinranke", sagt Stadtführerin Christina Carmona. In den Gärten blühen exotische Bäume und Pflanzen wie Oleander, und die Bougainvillia rankt in verschiedensten Farben über die weißen hohen Mauern. So stellt man sich Orte aus den Märchen aus 1001 Nacht vor.

Der Myrtenhof in der Alhambra. Die Form des Wasserzuflusses im Vordergrund verhindert Wellenbildung und gewährleistet trotz ständigen Nachfüllens die spiegelglatte Oberfläche im Becken. Foto: Antonia Kasparek

Natürlich darf auch der Granatapfelbaum in den meisten Hausgärten und öffentlichen Anlagen nicht fehlen. Er ist das Symbol für das islamische in Andalusien und der Granatapfel „la Granada“ ist die symbolische Frucht Granadas, die der Stadt ihren Namen gegeben hat. Auch in ihrem Wappen ist ein Granatapfel zu sehen. Er gilt als vollkommene Frucht und steht für das Göttliche und die Farbe Rot, die in Granada eine große Rolle spielt.

Große Anziehungskraft üben auch die paradiesischen Gartenanlagen aus, die bei einer Tagesführung ihren ganzen Zauber entfalten. Foto: Antonia Kasparek

Auch der Name Albaicín ist ein arabisches Wort und bedeutet „Viertel der Falkner". Dieses Herzstück Granadas sollte man unbedingt zu Fuß entdecken, und zwar in bequemen Schuhen. Mit Pumps oder Flip-Flops über das steile und unebene Steinpflaster zu laufen, ist nicht zu empfehlen. Auch nicht, wenn man sich schick machen will, um abends die beliebten Flamenco-Shows in den labyrinthartigen Gewölbekellern im Albaicín zu besuchen.

Wohin man blickt kreuzen Wasserläufe die hinter Hecken versteckten Gärten. Foto: Antonia Kasparek

Einer davon ist der Templo del Flamenco, das Reich des charismatischen Antonio Vallejo. Seine „Company Flatro 111“ besteht aus drei Männern und drei Frauen, die das Publikum singend und tanzend mit auf eine aufwühlende Reise voller Leidenschaft und Dramatik nimmt. Schon die ersten Klänge der virtuos gespielten Gitarre ziehen die Zuschauer in ihren Bann - Spanischkenntnisse braucht man nicht, um zwischen Glück und Trauer zu unterscheiden. Die Kunst des Flamenco, das Markenzeichen andalusischer Kultur, hat seine Ursprünge in der Volksgruppe der Gitanos - der Zigeuner.

Der Ort Guadix gilt als eine der ältesten menschlichen Siedlungen Spaniens. Einmalig sind die Stadtviertel Las Ermitas und Las Cuevas mit ihren zahlreichen Höhlenwohnungen. Foto: Antonia Kasparek

Antonio, ganz in schwarz mit Hut und Schal gekleidet, präsentiert mit seiner Company die wilde authentische Form des Flamenco. In dem weiß getünchten Gewölbe reihen sich kleine Tische aneinander, an denen nach und nach immer mehr Menschen Platz nehmen. Sie lassen sich die verschiedenen Tapas, die spanischen Appetithappen, schmecken, dazu Rotwein oder kühle, fruchtige Sangría. Je später der Abend, desto mehr wird das Publikum Teil der Vorstellung. Die Leidenschaft schwappt über den Bühnenrand und infiziert das nun mittanzende und klatschende Auditorium.

Tapas kann man übrigens überall in Granada genießen — die Stadt ist ein Mekka für Bar-Hopper. 2565 Bars gibt es in der Stadt. Im früheren jüdischen Viertel Realejo kann man sich unter die Einheimischen mischen und in moderne und traditionelle Tabernas einkehren. Im Unterschied zum restlichen Spanien, gibt es in Granada in der Regel zum Getränk eine Tapa, die aus Oliven, Schinken oder anderen mundgerechten Leckereien besteht, gratis dazu.

Egal ob Tag oder Nacht: die atemberaubende Aussicht vom Mirador San Nicolás, über den Dächern des Albaicín darf man sich nicht entgehen lassen. Von hier offenbart das alte Viertel einen sensationellen Blick auf die berühmte Alhambra, umrahmt von den schneebedeckten Gipfeln der Sierra Nevada im Hintergrund.

Die Alhambra war das bedeutendste politische und aristokratische Zentrum des islamischen Westens. Die Burganlage ist etwa 740 m lang und bis zu 220 m breit. Im Osten ist ihr der Sommerpalast Generalife vorgelagert. Bis heute hat die mächtige Anlage ihren Zauber bewahrt, den man bei Tages- und auch bei Nachtführungen erleben kann.

Dabei geht es vorbei am herrschaftlichen Renaissancepalast des christlichen Königs Karl V., der erst im 16. Jahrhundert entstand und ein irritierendes Gegenstück zur islamischen Baukunst darstellt, weiter zum älteste Gebäude, der Festung Alcazaba, und schließlich zu den Palacios Nazaríes. Der Palastbereich umfasst mehrere rechteckige Innenhöfe, die von den Wohnräumen der nasridischen Herrscher und ihrer Bediensteten umgeben sind.

Äußerlich unauffällig, offenbart das Innere mit seiner verschwenderischen Fülle an Dekor und Stuck aus Holz und Stein, Mosaiken und Brunnen die märchenhafte Pracht eines orientalischen Traums. Ein Höhepunkt des Ensembles ist der Löwenhof. Generationen von Nasridenkönigen perfektionierten die Alhambra, in deren Mauern neben der Zitadelle auch die Paläste der Sultane und eine inzwischen nicht mehr existierende Stadt mit Wohnhäusern, Moscheen und Bädern lagen.

Große Anziehungskraft üben auch die paradiesischen Gartenanlagen aus, die bei einer Tagesführung ihren ganzen Zauber entfalten. „Das Licht, die Sonne, Blumen und das Wasser sind Teil der Dekoration der Alhambra“, erklärt Guide Christina. Wohin man blickt kreuzen Wasserläufe die hinter Hecken versteckten Gärten. Eine Oleanderallee umrahmt neben Rosen, Zypressen und Orangenbäumen Wasserbecken, in denen sich Sonne und Pflanzen spiegeln. Versteckte romantische Plätze und plätschernde Brunnen laden zum Lustwandeln ein.

Die Herkunft des Wortes Alhambra ist umstritten. Man nimmt an, dass die arabische Bedeutung „Der rote (Palast)“ auf die rötliche Färbung der Außenmauern zurückzuführen ist. Für diese Annahme spricht auch, dass das Farbadjektiv nicht nur im Namen der Festung, sondern auch im Namen der Stadt Granada (granat) auftaucht. Die Alhambra ist eine der meistbesuchten Touristenattraktionen Europas und gehört wie der Albaicín und dem Generalife zum Weltkulturerbe.

Der Umstand, dass sie die letzte Stadt war, die 1492 durch die katholischen Könige zurückerobert wurde, verleiht Granada das unverwechselbare arabische Flair. Über viele Jahrhunderte hinweg, sowohl während der maurischen als auch während der christlichen Herrschaft, war Granada ein bedeutendes Kulturzentrum.

Neben ihrem beeindruckenden maurischen Erbe kann man dort architektonische Schmuckstücke der Renaissance sowie modernste Einrichtungen des 21. Jahrhunderts wie den „Parque de las Ciencias“ besichtigen. Das mehr als 70.000 Quadratmeter große, interaktive Museum ist nur wenige Gehminuten von Granadas Altstadt entfernt und stellt eines der abwechslungsreichsten kulturellen und wissenschaftlichen Freizeitangebote in ganz Europa dar.

Auch die Provinz Granada lohnt sich zu besuchen. Rund eine bis zwei Stunden Autofahrt entfernt bietet die Region wintersporttaugliche Gebirge, tropische Badeplätze am Meer, unwirtliches Ödland und fruchtbare Ebenen. Dazwischen verträumte Dörfer wie Alcudia de Guadix auf einer Höhe von 1011 Metern auf der Nordseite der Ausläufer der Sierra Nevada gelegen. Hier hat die Natur bizarre Formationen aus roter Erde geschaffen, die auch Hollywood bereits als Filmkulisse, zum Beispiel für die Indiana Jones-Filme, entdeckt hat.

Der Ort Guadix gilt als eine der ältesten menschlichen Siedlungen Spaniens. Die sehenswerte Altstadt versammelt bedeutende Kunstschätze wie die mittelalterliche maurische Festung Alcazaba, die Kathedrale und mehrere Gebäude im Mudéjarstil.

Einmalig jedoch sind die Stadtviertel Las Ermitas und Las Cuevas mit ihren zahlreichen Höhlenwohnungen. Von einer Aussichtsterrasse, die das ganze Viertel überblickt sieht man in der zerklüfteten Felsenlandschaft die weiß gekalkten Wohnhöhlen liegen — dazwischen ragen die Schornsteine wie Pilze aus dem Boden, denn der Rest der Häuser befindet sich unter der Erde.

Das Centro de Interpretación Cuevas de Guadix hat eine ehemalige Höhlenwohnung in ein Museum verwandelt, um die Besucher mit dieser traditionellen Wohnform vertraut zu machen. Die Küche von Guadix ist stark maurisch geprägt. Hier stehen etwa Gachas (eine Art Mehlbrei), Migas (in Öl und Knoblauch gebratene Brotkrumen mit Schweinefleisch) oder Perdices en Escabeche (mariniertes Rebhuhn) auf der Speisekarte. Der Ort ist auch für sein Brot berühmt und nennt einige der besten Bäckereien in der Provinz sein eigen.

Pulpos auf der Wäscheleine
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