Langer Winterschlaf - Mallorca kämpft mit schlechter Nebensaison

Palma de Mallorca (dpa/tmn) - Die Nebensaison wird auf Mallorca so schlecht wie lange nicht mehr. Leere Flughafenhallen, einsame Strände, geschlossene Hotels erzählen die Geschichte eines Scheiterns.

Wenn man an Mallorcas Stränden wieder die Wellen plätschern hört, dann hat auf der Ferieninsel die Nebensaison begonnen. Kein Kindergeschrei, keine Musik aus tragbaren Musikrekordern, kein Stimmengewirr aus den Strandbuden stören jetzt den ewigen Rhythmus der Brandung. Ein Idyll, das nur denen gefällt, die einsame Strandspaziergänge lieben. Die meisten Einheimischen bemühen sich dagegen seit Jahrzehnten um die Verlängerung der Saison. Sie brauchen Geld und Arbeit. Geschafft haben sie es bislang nicht, mehr noch: Die Insel erwartet den schlechtesten Winter seit zehn Jahren.

Nicht nur leere Sandstrände erzählen vom Scheitern der Insel beim Versuch der Desaisonalisierung. Auch am Flughafen Son Sant Joan kehrt spätestens Anfang November Stille ein. Kaum Warteschlangen, keine Verspätungen, entspannte Gesichter. Nur 25 Prozent aller Flüge eines Jahres werden hier zwischen Oktober und Mai abgewickelt. Auf dem Winterflugplan stehen dieses Jahr fast zehn Prozent weniger Flüge als im Vorjahr, berichtet die „Mallorca Zeitung“. Air Berlin zum Beispiel, die Fluggesellschaft mit der höchsten Start- und Landefrequenz in Palma, nutzt die Insel in der Nebensaison weniger als Drehkreuz und bietet mehr Direktflüge von Deutschland aufs spanische Festland. Zudem sollen Spanier die Maschinen füllen: Bilder von Schneelandschaften und Weihnachtsmärkten sollen sie zu einem Kurzurlaub nach Deutschland locken.

Wo weniger Flugzeuge landen, da checken auch weniger Touristen im Hotel ein. Mallorcas Hoteliersverband FEHM gab bekannt, dass bereits mehr als 60 Prozent der Hotels für die kommenden sechseinhalb Monate geschlossen sind. Die meisten machen erst wieder im April auf. Große Hotelketten wie Riu, Iberostar oder Barceló haben sogar angekündigt, die Sommersaison auf Mallorca noch stärker zu kürzen und so die Verluste im April und September zu senken. Viele dieser Ketten betreiben Hotels in Lateinamerika, wo im Winter Hauptsaison ist.

Bemühungen, dem Trend entgegenzuwirken, zeigen bislang keine Ergebnisse: Die Stadt Palma bewirbt seit zwei Jahren mit dem Slogan „Palma de Mallorca 365“ den Ganzjahrestourismus. Eine Mischung aus Einkaufen, Essen gehen und Golf spielen soll Urlauber anziehen. Die Gemeinde Calvià, eine der wichtigsten der Insel, versucht mit Sportwettkämpfen oder Schachmeisterschaften die Nebensaison zu beleben. Nur 19 der 216 Hotels im Gemeindegebiet werden den ganzen Winter über Gäste empfangen. Und die Playa de Palma, wo im Sommer Ballermanntrubel herrscht, hält sich im Winter mit subventioniertem, spanischem Seniorentourismus über Wasser. Doch selbst die Low-Cost-Reisenden vom spanischen Festland werden weniger: Spaniens Regierung hat seit Beginn der großen Krise die Zuschüsse insgesamt um die Hälfte gekürzt.

Zeitungskommentatoren erinnern daran, dass Mallorca seit 30 Jahren im Herbst zu Jammern beginnt. Der „Diario de Mallorca“ schreibt, schon 1979 sei es bei einem Tourismuskongress um Saisonverlängerung, Luftverkehr und Rentabilität des Strandtourismus gegangen. Neben Resignation bestimmen Schuldzuweisungen die Debatte. Palmas hohe Flughafengebühren und dementsprechend teure Tickets seien ein Grund, heißt es. Andere meinen, die Insel zeige sich einfallslos bei der Vermarktung als Reiseziel im Winter.

Der Rohbau des Kongresspalastes an der Strecke vom Flughafen nach Palma symbolisiert die Lage wohl gut: Vor der Krise begonnen, ist der Inselregierung vor einem Jahr das Geld ausgegangen, um den Prestigebau zu vollenden. Jetzt will die Hotelkette Hilton in die Bresche springen. Anfang November soll auf der Baustelle wieder gearbeitet werden, in einem Jahr will Mallorca dann mit Kongresstourismus die Nebensaison ankurbeln.

Und auch für die ewig aufgeschobene Sanierung der Bucht von Palma hat die Stadt offenbar private Investoren gefunden. Der stellvertretende Bürgermeister sprach Ende Oktober von 300 Millionen Euro, mit denen aus der verrufenen Meile eine Edel-Destination werden soll. Derweil brechen sich direkt nebenan die Wellen im Sand, und die Abdrücke von Barfußläufern, Hunden und Joggern erzählen die Geschichte von Mallorcas ewiger Nebensaison.

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