Kretas Venedig - Spaziergang durch Rethymnon

Rethymnon (dpa/tmn) - Rethymnon ist Kretas drittgrößte Stadt. Prägnant hat sich ihr venezianisches und osmanisches Erbe im Stadtbild erhalten. Minarette stehen wie selbstverständlich neben Kirchtürmen.

Und dann sind da noch einige ganz besonders süße Handwerker.

Laut schlägt die Kirchturmuhr des Doms die Stunde, als Kostas Giapitsoglou um die Ecke biegt. Der Chefarchäologe von Rethymnon ist stolz auf seine Heimat. Das spürt man. „Fast 90 Prozent unserer historischen Bausubstanz ist heute noch erhalten“, berichtet er. Seit Jahren kümmert sich der Fachmann darum, dass wertvolle alte Häuser in der 30 000 Einwohner zählenden Stadt nicht einfach abgerissen werden. „Das Bewusstsein für das architektonische Erbe musste erst mühsam geschaffen werden.“

Kostas spaziert durch die Gassen der Altstadt. Sie erinnern an das verschlungene Wegenetz von Venedig. Nicht von ungefähr, nutzten doch die Venezianer jahrhundertelang Kreta als strategisch günstigen Stützpunkt für ihr Handelsimperium. Die imposanten Eingangsportale der alten Palazzi zeugen davon, ebenso wie die großen Bögen aus Stein im Erdgeschoss vieler Häuser.

Trotz allem touristischen Trubel hat sich in der Altstadt eine gewisse Idylle erhalten. In der Konditorei „Mona Lisa“ steht Nikos Skartsilakis in der Küche. Der junge Mann stellt gerade Eis her - auf traditionelle Weise. Auf Kreta bedeutet das mit Schafsmilch. „Das schmeckt viel besser“, erklärt er. „Unser Eis ist aber auch teurer und hat mehr Kalorien.“

Vermutlich bald museumsreif ist der Beruf von Giorgos Chatziparaschos, dem letzten Blätterteig-Bäcker Rethymnons. Giorgos hat nichts dagegen, wenn Besucher ihm bei der Arbeit in seiner Backstube zusehen. Seit 1942 produziert er alles von Hand. Der Blätterteig gilt als kulinarisches Relikt aus osmanischer Zeit. Denn 1646 besiegten die Türken die Venezianer und nahmen Rethymnon ein. Sie blieben über 200 Jahre Herrscher der Stadt — und das sieht man ihr heute noch an. „Die Osmanen gestalteten die Bauwerke einfach nach ihrem Geschmack um“, erklärt der Archäologe Kostas und zeigt auf einige Häuser in der Altstadt.

Aus Kirchen machten die Osmanen Moscheen. Sie versahen das ehemalige Augustiner-Kloster aus dem 16. Jahrhundert mit einem 40 Meter hohen Minarett. Von dort oben, wo einst der Muezzin zum Gebet rief, haben Besucher einen Panoramablick auf die Stadt und das Meer. Die Neratzes-Moschee ist die größte von den fünf verbliebenen Moscheen in Rethymnon, doch Moslems beten hier schon lange nicht mehr. Der Raum wird für Veranstaltungen genutzt. Im Inneren herrscht eine andächtige Stimmung. Musik erklingt. Ein Student übt für ein Konzert am Abend.

Katerina Xekalou hat ihr Restaurant „Avli“ 1987 eröffnet, zu einer Zeit, als viele der historischen Gebäude noch auf Erweckung warteten. „Ich habe immer an eine Wiederbelebung der Stadt geglaubt“, erzählt sie. In Kochkursen gibt die leidenschaftliche Köchin Rezepte ihrer Großmutter weiter. Detailliert erklärt sie, wie etwa gefüllte Weinblätter gut gelingen und versucht, dabei die Begeisterung für frische Zutaten von der Insel zu wecken.

„Wir bereiten die Küche Kretas kreativ zu“, erläutert Katerina Xekalou. Das Geheimnis dabei sei, unverfälschte lokale Produkte zu verwenden, wie das hochwertige Olivenöl der Insel. „Die Küche ist ein Teil unserer Identität“, meint die Kreterin, „und der Glaube daran ist in der derzeitigen Situation des Landes wichtiger denn je.“

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