Klatschen im Flieger: Anerkennung oder Erleichterung?

Berlin (dpa) - Der Lande-Applaus im Flugzeug gehört zum Sommerurlaub einfach dazu. Vor allem, wer ans Mittelmeer fliegt, wird die Maschine mit vielen Klatschern teilen. Nett oder nervig?

Der Pilot setzt zur Landung im südspanischen Malaga an. Die Maschine kommt sanft auf, rollt ruhig über die Landebahn. Und da geht es auch schon los - das Klatschen. Die meisten Passagiere machen mit. Einige verweigern sich und schauen genervt bis amüsiert. Der Beifall im Flugzeug gehört zum Sommerurlaub wie Sonnencreme und Badehandtuch. Aber warum eigentlich? Zollen die Fluggäste dem Piloten Respekt? Freuen sie sich so sehr auf ihren Urlaub? Aber wieso klatschen sie dann auch beim Rückflug? Sind sie erleichtert, dass sie noch leben?

Chef-Stewardess Christine Berger-Danzinger von der Fluggesellschaft Condor kennt das Phänomen des Klatschens nur zu gut. Vor allem, wenn es an die klassischen Urlaubsziele auf den Balearen oder Kanaren gehe, breche bei der Landung Jubel aus. Für manche sei Fliegen eben immer noch ein Erlebnis. Wenn geklatscht werde, wisse das Team, dass es einen guten Job gemacht hat. „Für uns ist es die schönste Anerkennung“, sagt Berger-Danzinger. Der Applaus habe oft eine mitreißende Wirkung. Fange einer an, machten die anderen mit.

Manch einem geht das Klatschen aber auch gewaltig auf die Nerven. „Ich klatsche doch auch nicht für den Busfahrer“, beschwert sich ein Flugreisender nach der Landung in Malaga. Das könne man nicht miteinander vergleichen, findet Lufthansa-Flugkapitän Jörg Handwerg. „Eine gute Landung zu machen, ist durchaus anspruchsvoll.“ Außerdem: „Im Theater klatscht man ja auch.“ Dabei kann er den Applaus im abgeschirmten Cockpit noch nicht einmal hören.

Nach einer Landung sind die Piloten hochkonzentriert und können sich nicht über klatschende Passagiere den Kopf zerbrechen - schließlich müssen sie das Flugzeug noch in die Parkposition bringen, wie die leitende Flugbegleiterin Berger-Danzinger erklärt. Das Team sage den Piloten aber Bescheid, wenn es wieder einmal viel Applaus gegeben habe. „Die freuen sich dann auch.“

Beim Beifall im Flieger gehe es aber eigentlich gar nicht um die Piloten oder das Team, sagt Angstforscher Borwin Bandelow. Vielmehr sei das Klatschen Ausdruck der Erleichterung darüber, eine als gefährlich eingestufte Situation überlebt zu haben. „Es gibt nichts Schöneres, als beschossen zu werden und nicht getroffen zu werden“, sagt er. Ein Nervenstrang im Gehirn belohne uns nach einer überstandenen Gefahr mit Glückshormonen.

Die Angst sei beim Fliegen viel größer als beim Autofahren, auch wenn das irrational sei, erklärt Bandelow. „Beim Autofahren bleibt man am Boden.“ Vielflieger hätten ihrem Gehirn beigebracht, dass kein Grund zur Panik bestehe. „In der Business-Class wird nie geklatscht.“ Die Klatscher seien eher diejenigen, die selten in den Urlaub flögen. Außerdem seien Menschen Herdentiere. „Einer klatscht und die anderen machen mit“, sagt der Angstforscher.

Flugkapitän Handwerg will nicht glauben, dass die Erleichterung der Passagiere das Hauptmotiv für den Beifall ist. Schließlich, sagt er, habe er noch nie davon gehört, dass nach einer harten Landung geklatscht worden sei.

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