Kein Schlangestehen mehr: Airlines setzen auf Gepäck-Automaten

München (dpa/tmn) - Check-in-Schalter am Flughafen sind inzwischen ein Auslaufmodell - jetzt will die Lufthansa ihre Passagiere dazu bringen, auch die Koffer am Automaten selbst aufzugeben. Bei den Fluggästen kommt das Angebot an.

Denn die Airline hat dazugelernt.

Geld abheben, Fahrkarten kaufen oder an der Ikea-Kasse bezahlen - immer mehr Dienstleister verweisen ihre Kunden an Automaten. Die Lufthansa ist jetzt am Münchner Flughafen mit einer neuen Generation von Gepäckautomaten gestartet. Die Fluggäste checken nicht nur selbst ein - jeder Vierte gibt auch seinen Koffer selbst auf.

Andrea Hübenthal und Regine Kreysing, Betriebsrätinnen eines Münchner Unternehmens, sind auf dem Weg nach Düsseldorf und nutzen die Kofferautomaten oft. „Das geht ruckzuck. Man steht nicht mehr in der Schlange an und spart wahnsinnig viel Zeit“, sagt Hübenthal. „Das ist super! Ich wollte, das gäb's überall“, ergänzt ihre Kollegin.

Der Fluggast stellt seinen Koffer auf ein Laufband, das mit der Gepäckanlage verbunden ist. Dann legt er seine Bordkarte auf das Lesegerät des Computers, sieht auf dem Bildschirm seinen Namen, Flugnummer, Zielort und ob das Gewicht des Koffer innerhalb der Freimenge ist. Und schon kommt eine Banderole aus einem Drucker, die er einfach durch den Tragegriff des Koffers zieht und zusammenklebt - fertig. Ein letzter Knopfdruck, der Koffer verschwindet auf einem Laufband in der Gepäckförderanlage des Flughafens, und der Computer druckt eine Quittung aus.

Der Vorgang dauert eine Minute. Bei Fragen oder Problemen steht ein Mitarbeiter der Fluggesellschaft in der Nähe bereit. „In München beginnt die Zukunft des Check-ins“, sagt Lufthansa-Sprecherin Bettina Rittberger.

Täglich rund 40 000 Fluggäste hat Europas größte Fluggesellschaft am Münchner Flughafen, wie Christoph Titze, Leiter der Lufthansa-Fluggastdienste, sagt. Zwei Drittel kommen mit Koffern, und fast jeder Vierte nutzt schon die neuen Automaten.

„Die Vorgänger waren kompliziert und langsam“, sagt Titze. In Frankfurt am Main, Düsseldorf und Hamburg wurden sie bald abgeschafft, in München blieben noch einige für Stammkunden. An ihnen konnten die Passagiere sowohl einchecken als auch die Koffer aufgeben. Aber inzwischen kommt schon jeder zweite Fluggast eingecheckt am Flughafen an - Tendenz steigend.

Seit November sind in München die neuen Automaten im Einsatz - ohne Check-in und viel einfacher. „Einfachere Prozesse werden eher akzeptiert“, sagt Titze. „Jetzt ist das eine klare Sache, in drei Schritten ist alles erledigt.“ Das Fraunhofer-Institut hat bei Testkunden sogar die Augenbewegungen untersucht - wo schaut der Passagier hin, wo zögert er? „So haben wir den Automaten gründlich verbessert.“

Jeder vierte Lufthansa-Passagier in München nutzt das Angebot - darunter viele Geschäftsreisende. Der Weg vom Parkhaus, Taxi- und Busstand führt als erstes an den Gepäckautomaten vorbei - „sie sind sofort ihren Koffer los und können sich frei bewegen“, sagt Titze. Nur bei der Ankunft mit der S-Bahn landen die Fluggäste direkt vor den herkömmlichen Schaltern und stellen sich in der Regel auch gleich dort an. Dabei können die Warteschlangen in Stoßzeiten lang werden. In jedem Fall muss das Gepäck 40 Minuten vor Abflug aufgegeben sein - die Frist ist am Schalter wie am Automaten gleich.

In München sind inzwischen 19 Automaten im Einsatz, in Frankfurt demnächst 16, in Hamburg sind 4 geplant. Jeder Passagier kann sein Gepäck aber weiterhin auch am Schalter an Personal übergeben. Ziel der Lufthansa am Pionierstandort München ist: die Hälfte am Schalter, die andere Hälfte am Automaten.

Gepäckautomaten gibt es auch bei Air France in Paris, KLM in Amsterdam, Emirates in Dubai oder Delta in Atlanta. Die Lufthansa hat ihre Automaten von der Firma Materna in Dortmund gekauft. Materna-Marketingmanagerin Jana Eull sagt: „Die Verbreitung ist global ähnlich. Die USA oder China sind nicht schneller.“ Aber das Passieraufkommen wachse. Ihr Unternehmen verzeichne eine steigende Zahl von Anfragen, auch aus Asien und Südamerika.

„Haupthindernis ist der Preis“, sagt Eull. Titze erklärt: „An einem Flughafen mit nur drei Flügen am Tag rechnet sich das nicht. Auch im Ausland mit Fremdpersonal müssen wir anders rechnen.“ Holger Kraft, Bereichsleiter Infrastruktur beim deutschen Flughafenverband (ADV), bezweifelt, dass es bald nur noch Kofferautomaten gibt: „Das kann ich mir nicht vorstellen.“ Am ehesten lohnten sie sich auf Flughäfen, wo eine Fluggesellschaft viele Geschäftsreisende an Bord nehme: „Frankfurt, München, Düsseldorf. Und künftig vielleicht Berlin.“

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