In den meisten Alpenregionen beginnt die Skisaison erst im Dezember. Wer Erster im Schnee sein will, kann das in Hintertux. Hintertux: Erster im Schnee!

Vormittags eine Runde im Freibad, anschließend Skifahren an der Gefrorenen Wand. Wer nicht bis Dezember warten will, wenn die Alpenhotels für die Wintersaison öffnen, kann am Hintertuxer Gletscher schon im Herbst Winterurlaub machen.

 Auf den Berggipfeln am Hintertuxer Gletscher fällt im September der erste Neuschnee.

Auf den Berggipfeln am Hintertuxer Gletscher fällt im September der erste Neuschnee.

Foto: Pia Hoffmann

In Österreichs einzigem Ganzjahresskigebiet sind die Liftanlagen 365 Tage im Jahr in Betrieb. Das führt dazu, dass sich Gäste immer wieder in Sommerkleidern und Flip-Flops auf den verschneiten Gipfel verirren. „Die Herbsturlauber im Tal können sich oft gar nicht vorstellen, dass hier oben Winterbedingungen herrschen“, erzählt Bergführer Roman Erler.

Gründe für Skiurlaub im September gibt es viele. Die einen sind im Dezember zu beschäftigt mit Weihnachtsvorbereitungen, die anderen scheuen den Skizirkus im Winter, wieder anderen ist Skiurlaub in der Hauptsaison schlichtweg zu teuer. Manche können es aber auch einfach nicht abwarten. „Uns juckt es schon den ganzen Sommer in den Füßen“, berichtet eine deutsche Urlauberin, die jeden Herbst mit ihrer Familie Winterferien im Hotel Klausnerhof am Fuße des Hintertuxer Gletschers macht. „Warum warten, wenn wir schon jetzt Skifahren können? So können wir mit den Weihnachtskarten schon aktuelle Schneefotos verschicken.“ Ihr zehnjähriger Sohn sieht das ganz pragmatisch: „Ich bin immer überall Erster.“

Winterzauber zu
jeder Jahreszeit

Einen Logenplatz mit Blick auf den ewigen Winter haben Hotelgäste im Whirlpool auf der Dachterrasse des Klausnerhofs. Wenn die Lichter am Beckenrand glitzern und aus dem Wasserdampf die Silhouette des gewaltigen Gletschers auftaucht, ist das der Gipfel an Winterzauber – zu jeder Jahreszeit. 800 Meter vom Hotel entfernt steht eine Zeitmaschine: die Talstation der Zillertaler Bergbahnen, die Gäste in wenigen Minuten aus Spätsommer oder Herbst hinauf in den eisigen Winter transportieren.

Oben auf 3250 Metern fällt der erste Neuschnee oft schon im September. Blauer Himmel, klare Luft, weite Sicht, einsame Stille und eine frische Schneedecke, auf die kaum einer zu treten wagt. Das sind für Hotelchefin Frieda Klausner die idealen Bedingungen, um gemeinsam mit ihren Gästen die erste Spur zu ziehen. Morgens um acht, eine Viertelstunde vor der normalen Betriebszeit der Bergbahnen, macht sie sich mit einer kleinen Gruppe auf zum Gletscher, um Parallel-Linien und S-Kurven in den unberührten Schnee zu ziehen. „Leere Pisten, kein Mensch weit und breit, da fühlt man sich wie der erste Mensch im Paradies“, schwärmt sie.

Wer als erster am Berg sein und trotzdem ausschlafen will, kann aufs Hotelfrühstück verzichten und die Auffahrtszeit mit der Gletscherbahn zur Stärkung nutzen. Jeden Morgen wird eine Gondel der Gefrorene-Wand-Bahn auf Wunsch zum Frühstücksraum umgebaut. Auf dem schmalen Tisch zwischen den beiden Sitzbänken türmen sich frische Brötchen, Belag, Eier, Müsli, Obst, Orangensaft, Kaffee und Prosecco, während am Fenster verschneite Felstürme vorüberziehen.

Die Frühstücksgondel
schaukelt im Wind

Eine Zeitbeschränkung für das kulinarische 360-Grad-Erlebnis gibt es nicht. Die Frühstücksgondel dreht so lange ihre Runden, bis alle satt sind. Sollte die Kanne mal leer oder der Kaffee kalt sein, wird bei der nächsten Durchfahrt an der Talstation frisch nachgeschenkt.

Dennoch bleiben die meisten Gäste nicht allzu lange sitzen, da die Füße in luftiger Höhe trotz Heißgetränk und Sitzheizung schnell kalt werden. Bei starkem Wind, wenn die Frühstücksgondel wie ein Teebeutel hin und her schwingt, sei Fahrgästen mit empfindlichem Magen empfohlen, auf Kamillentee umzusteigen.

Auf der Suche nach dem ersten Schnee sind bereits zahlreiche Prominente im Zillertal gelandet, auch Helene Fischer, Florian Silbereisen, Bully Herbig und Till Schweiger. Für den größten Wirbel sorgte Ed Sheeran mit dem dreitägigen Videodreh zu seinem Hit „Perfect“ im Oktober 2017. „Wir haben in Hintertux gefilmt, weil hier das ganze Jahr Schnee liegt“, erinnert sich der britische Superstar später bei einem Privatkonzert in der Hohenhaus Tenne. „Als wir ankamen, war alles weiß. Doch am ersten Drehtag ist der Schnee geschmolzen. Dann konnten wir nur noch oben am Gletscher drehen.“

Auf dem Hintertuxer Gletscher können Besucher aber nicht nur Schnee-Pioniere sein, sondern auch neue Wege im ewigen Eis gehen. Der Tuxer Bergführer Roman Erler stieß 2007 zufällig auf eine natürliche Eishöhle im Inneren des Gletschers. „Das hat schon was, wenn man als erster Mensch irgendwohin kommt und Dinge sieht, die noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat“, bestätigt er mit Blick an die funkelnde Eisdecke. „Ein so unerforschtes, wunderschönes Geschenk der Natur macht ehrfürchtig.“ Urlauber und Dorfbewohner schauen immer wieder voller Respekt gen Himmel, wo der eisige Berg wie ein Mahnmal über dem Tal prangt. An Klimawandel und Gletscherschmelze mag hier niemand denken, aber wenn die Temperaturen weiter steigen und Schnee im Alpenraum immer seltener fällt, wird der mächtige Eisgigant mit seinem ewigen Winterwetter immer kostbarer.

Die Autorin reiste mit Unterstützung der Zillertaler Gletscherbahn GmbH und des Hotels Klausnerhof.

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