Städtetrip Hampstead Heath: Romantische Wildnis mitten in London

London (dpa/tmn) - Mein Kater Jacob ist viel zu früh verstorben, aber zumindest hat er ein denkbar schönes Grab. Er ruht auf Preacher's Hill am südlichen Rand von Hampstead Heath in London.

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Ein Ort, der keinesfalls als Katzenfriedhof vorgesehen ist. Aber es war damals ein regnerischer Dezembertag, das Begräbnis ging ohne Zeugen vonstatten.

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In Hampstead hat man das Beste zweier Welten: Man ist nur vier U-Bahn-Stationen von Piccadilly Circus entfernt und fühlt sich doch wie auf dem Land. Das liegt am Village-Charakter, an den verträumten Häusern und verwinkelten Gassen und eben am Heath, dem Wald- und Wiesengebiet auf einer Anhöhe hoch über der Stadt.

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Der höchste Punkt heißt Parliament Hill. Darunter erstreckt sich die gesamte Innenstadt, von Big Ben im Westen bis zu den Hochhäusern von Canary Wharf im Osten. London erscheint zum Greifen nah, und doch so unwirklich wie eine Fata Morgana - man selbst steht in kniehohem Gras. Der Heath wirkt wie eine Wildnis, die wegen eines glücklichen Zufalls mitten in der bald Neun-Millionen-Metropole überlebt hat.

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Seit ich nicht mehr in London wohne, sehne ich mich ständig zurück nach Hampstead Heath. Egal zu welcher Jahreszeit - der Heath hat immer seinen Reiz. Ich kann mich an einige Winter erinnern, als Schnee lag. Am ersten schönen Wochenende im Frühjahr strömt halb London auf den Heath, um einmal tief durchzuatmen und sich davon zu überzeugen: „Spring is in the air.“ Friedrich Engels, der mit seinem Freund Karl Marx über Jahrzehnte hinweg mehrmals in der Woche auf den Heath wanderte, schrieb begeistert, sie würden bei diesen Gelegenheiten „mehr Ozon als ganz Hannover“ einatmen.

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Die große Attraktion des Sommers sind die drei Naturschwimmbäder, die ursprünglich als Trinkwasser-Reservoirs angelegt wurden. Es gibt einen Teich für Männer - ein bekannter Schwulentreff - einen für Frauen und einen „mixed bathing pond“. Das Wasser ist kühl, und manchmal stößt man an Seerosen. Ein zusätzliches Spannungselement ergibt sich daraus, dass man das Wasser mit Hechten teilt.

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Samstagabends gibt es auf Hampstead Heath Sommerkonzerte vor dem Landsitz Kenwood House, bekannt aus dem Hugh-Grant-Film „Notting Hill“. Wer eine Karte gekauft hat, macht es sich im Liegestuhl bequem - wer keine Karte hat, auf einer Picknickdecke. Falls es mal regnet: Kenwood House beherbergt eine exquisite Gemäldegalerie mit Werken von Rembrandt, Frans Hals und Vermeer. Der Eintritt ist frei.

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Die schönste Jahreszeit ist für mich aber der Herbst. Dann lassen die Londoner auf Parliament Hill ihre Drachen steigen. Die bunten Vögel stehen am Himmel, darunter funkeln im weichen Licht der Nachmittagssonne die Dächer des gegenüberliegenden Stadtviertels Highgate. Nach Süden hin hat man den Ausblick auf die endlose Stadt mit ihren immer schneller wachsenden Hochhäusern.

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Eine englische Freundin hat einmal gesagt, sie gehe in der Dämmerung grundsätzlich nicht über den Heath. Auf die erschrockene Nachfrage, ob es dort etwa Überfälle gegeben habe, schaute sie mich verwundert an und sagte: „Nein. Ich meine natürlich die Geister.“

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Ich habe mich daraufhin informiert und weiß nun, dass der Heath tatsächlich als ein Lieblingsort der umtriebigen Londoner Gespensterschaft gilt. Unter den ruhelosen Seelen befinden sich ein Phantom-Pferd, eine Weiße Frau und ein Räuberhauptmann namens Black Dick. Doch ich könnte mich auf dem Heath niemals fürchten.

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Die einzigen Verstorbenen, deren Anwesenheit ich hier bemerke, sind jene, deren Namen auf den Parkbänken verewigt sind. Praktischerweise gibt es auf Hampstead Heath sehr viele Bänke, die meisten erinnern an verblichene Freunde dieses schönen Fleckchens Erde: „In loving memory of...“ Da kann die letzte Ruhestätte meines Katers nicht mithalten.

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