Eine Pilgerreise auf dem Frankenweg

Rom (dpa/tmn) - Auf dem Jakobsweg pilgern seit Hape Kerkelings Buch die Massen, der Frankenweg nach Rom dagegen ist fast vergessen. Vor 500 Jahre wanderte Luther die Strecke, nun erwacht der alte Pilgerweg langsam wieder zum Leben.

Der Winter stand vor der Tür, als sich der Augustinermönch Martin Luther im November vor 500 Jahren zusammen mit einem Ordensbruder auf den Weg machte. 1800 Kilometer Fußweg lagen vor ihnen, das Ziel war Rom, die Heilige Stadt. Das Jubiläum hat einige Wanderer unserer Tage inspiriert, den alten Pilgerweg von Deutschland über die Alpen bis zum Zentrum der Christenheit nachzuwandern. Im Unterschied zum Jakobsweg ins spanische Santiago de Compostela bleibt der Wanderweg über die Alpen ein großes Abenteuer.

Der große Pilgerstrom des Mittelalters zur Ewigen Stadt ist seit langem versiegt, die Straße mit ihrem Netzwerk von Hospizen und Herbergen in Vergessenheit geraten. Doch in jüngster Zeit regt sich neues Leben entlang der Via Francigena, der alten Frankenstraße von Nordeuropa zum Sitz des Papstes am Tiber.

Italien und die Europäische Union fördern sie jetzt als „Europäische Kulturstraße“. Ein Förderverein im mittelitalienischen Fidenza liefert Karten und stellt Wegweiser auf. Laut dem Verein gehen jedes Jahr etwa 3000 Pilger den Weg ganz oder teilweise. Wer in diesem Herbst von Wittenberg oder Erfurt aufgebrochen ist, braucht zwischen zehn und zwölf Wochen, bis er Rom betritt.

Anders als vor 500 Jahren wandert man heute aber meist nicht mehr auf idyllischen Pfaden. Besonders in Italien führt ein längerer Teil des Wegs an stark befahrenen Straßen entlang. Einige Male rettet nur ein Sprung in den Straßengraben vor einem vorbeibrausenden Lastwagen.

Der Förderverein der Via Francigena versucht zwar, parallel verlaufende, ruhigere Routen ausfindig zu machen, bisher allerdings mit bescheidenem Erfolg. Und doch entschädigen immer wieder schöne Landschaften für Strapazen und die Autoabgase: die langen Kirschbaum-Alleen an der Unstrut, die riesigen Wälder von Esskastanien im schweizerischen Bergelltal, die Haselnusswälder nördlich von Rom.

Erhebend ist das Gefühl, nach mühevollem Aufstieg auf dem 2300 Meter hohen Septimerpass in den Schweizer Alpen zu stehen. Da ahnt der stolze Wanderer noch nicht, dass der Apennin bei Bologna ähnlich hart zu erklimmen sein wird.

An die Zeit des späteren Reformators erinnern an vielen Orten die Pilgerherbergen bei Kirchengemeinden oder in fast leerstehenden Klöstern. Im Kapuzinerkloster in Fidenza wird dem Wanderer ein Zimmer zugewiesen, das in Größe und Ausstattung einer Zelle in der Klausur nahe kommt. Dafür schläft man hier umsonst, eine Spende ist freiwillig. Bei der Abreise gibt es einen Stempel in den Pilgerpass.

In den letzten zwei Wochen der Wanderung wird der Sog des Ziels immer deutlicher spürbar. „Rom“ ist nun auf den Wegweisern angeschrieben, die Entfernung wird auch für den Fußgänger überschaubar. Er betritt die Via Flaminia, er überschreitet die antike Ponte Milvio über den Tiber und geht den letzten Kilometer auf der schnurgeraden alten Römerstraße bis zur Porta del Popolo, einem Tor in der Aurelianischen Stadtmauer.

Oft malte man sich in den zurückliegenden Wochen die Ankunft aus, die Wirklichkeit ist unspektakulär. Man steht mit seinem Rucksack etwas verloren zwischen vielen anderen Touristen auf der Piazza mit dem Brunnen und dem Obelisken.

Gleich hinter dem Tor erhebt sich die Augustinerkirche Santa Maria del Popolo. Eine Andacht will neben all den vielen Reisegruppen nicht gelingen. Der Priester murmelt, um einen Stempel gebeten, ein paar anerkennende Worte. Dafür ist der Empfang in der evangelisch-lutherischen Gemeinde Roms umso herzlicher.

Informationen:

Italienische Zentrale für Tourismus ENIT, Barckhausstraße 10, D-60325 Frankfurt, Telefon: 069/23 74 34.

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