Das Best Western Premier Parkhotel Kronsberg liegt fußläufig zur Hannover Messe und fürchtet um seine Existenz Das langsame Sterben

Es ist 19 Uhr, als ich am Hotel ankomme. Das letzte Stück der Strecke führte vorbei am einstigen Expo-Gelände und den verlassenen Messehallen. Seit 14 Monaten hat darin nichts stattgefunden – die Hannover Messe ist verwaist wie jede andere in Deutschland.

 Das Hotel bietet einen großen Parkplatz, viel Komfort und exzellenten Service.

Das Hotel bietet einen großen Parkplatz, viel Komfort und exzellenten Service.

Foto: BW Premier Parkhotel Kronsberg

Im März eine digitale Tourismusbörse (ITB) in Berlin, im April eine digitale Hannover Messe zur Zukunft der Industrie – beide mit mäßigem Erfolg. Denn nichts ersetzt die persönliche Begegnung, das Gespräch mit echten Menschen bei einem Treffen. Auch ein Hotel lebt von seinen Gästen. Als ich die hell beleuchtete Lobby des Best Western Premier Parkhotels Kronsberg betrete, liegt der Rest des Hotels im Dunklen. Bar und Restaurants müssen geschlossen bleiben, ebenso der Wellnessbereich mit Schwimmbad. Die meisten der 200 Zimmer sind seit Monaten unbenutzt.

Pizza und Frühstück
allein auf dem Zimmer

Die freundliche Dame an der Rezeption erklärt mir die wichtigsten Dinge. Sie ist allein in der Nachtschicht und für alles zuständig, was so anfällt. „Sie können Abendessen von einem Lieferdienst bestellen oder eine Suppe hier im Hotel bekommen. In jedem Fall müssen Sie aber auf Ihrem Zimmer essen.“ Ich bestelle Pizza und checke dann in einem Zimmer im fünften Stock ein. Es ist modern, gerade renoviert und mit einem großen Arbeitsplatz ausgestattet – Best Western bietet seinen Gästen an, das Homeoffice ins Hotel zu verlegen und Geschäftsreisenden perfekte Arbeitsmöglichkeiten. Da Hotels für Touristen seit Anfang November 2020 geschlossen sind, können sowieso nur Geschäftsreisende übernachten. Mit durchschnittlich sieben bis zehn Gästen pro Woche, die meist nur eine Nacht bleiben, und einer stark reduzierten Anzahl von Tagesseminaren, bleiben auch die 14 Veranstaltungssäle des Hotels fast immer leer.

Ich esse meine Pizza während ich auf dem Sofa sitze. Der Fernseher läuft, aus dem Fenster schaue ich auf die große Gartenanlage des Hotels mit Pavillon und offener Feuerstelle. Seminare, Tagungen, große Feiern und Hochzeiten waren bis 2019 hier an der Tagesordnung. Jetzt wehen Blätter über den Rasen, die Gartenmöbel sind weggeräumt. Es tut beinahe körperlich weh, zu sehen, was mit den Hotels in Deutschland passiert.

Die Geräusche und Gespräche
des Restaurants fehlen

Bei Ankunft habe ich einen Zettel ausgefüllt, was ich gern zu welcher Zeit zum Frühstück hätte. Auf die Minute pünktlich wird ein Servierwagen mit weißem Tischtuch in mein Zimmer gerollt mit exakt der von mir gewünschten Anzahl von Brotscheiben, Käse, Marmelade und Bircher Müsli. Perfekt, so bleibt nichts übrig und es werden keine Lebensmittel verschwendet. Während ich mir früher bei Pressereisen oft gewünscht habe, einmal in Ruhe auf meinem Zimmer einfach nur ein Butterbrot zu essen, scheint es nun wie eine verkehrte Welt zu sein. Bei beiden Mahlzeiten vermisse ich nun die Restaurants, die Geräusche von Geschirr und Kaffeemaschinen, die Gespräche anderer Gäste und Mitarbeiter, den Duft von warmen Mahlzeiten oder frischen Brötchen. Es ist etwas ganz anderes, ob man sich in die Stille seines Zimmer wünscht, oder es nicht anders darf. Total absurd.

Die Cola aus dem Hotel
50 Meter entfernt trinken

Absurd auch viele Verordnungen der vergangenen 14 Monate – und sicher auch der künftigen. „Zu Beginn des ersten Lockdowns durften wir zwar einen Außer-Haus-Verkauf anbieten, die Gäste mussten aber 50 Meter vom Hotel weggehen, um diese Speisen und Getränke zu sich zu nehmen“, sagt Hoteldirektor Sebastian Gonschorek. Das betraf zum Beispiel auch den Getränkeautomaten in der Lobby. Flaschen kaufen war erlaubt, aber im Hotel trinken nicht. „Eigene Speisen und Getränke oder die von einem anderen Lieferservice durften aber auf dem Hotelgelände und im Zimmer verzehrt werden, was bei vielen Gästen zu Verwirrung führte. Zum Glück wurden solche Vorschriften mit der Zeit genauer definiert und angepasst.“ Denn mit der Cola aus dem Hotel 50 Meter weit weg gehen zu müssen, aber mit der von der 30 Meter entfernten Tankstelle aufs Zimmer zu dürfen, war niemandem zu erklären.

Sebastian Gonschorek zeigt mir das Hotel – die Führung dauert zwei Stunden, so viel gibt es zu sehen. Die drei Restaurants, die stylische Bar, die seit März 2020 durchgehend geschlossen ist, den rustikalen Frühstücksraum mit den gekennzeichneten Wegen, damit die Gäste nur in einer Richtung durch den Raum gehen.

Das Schwimmbad, das Spa, den Kids-Club und die Räume für Jugendliche mit Kicker und Playstation, die Säle und Tagungsräume. „Dieser hier ist nach Corona-Auflagen für 28 Personen bestuhlt, normalerweise passen 120 Leute rein.“ Doch es kommt noch dicker: „In NRW erzählen die Kollegen, dass sie wieder am Tisch servieren dürfen, das dürfen wir hier nicht. Wir stellen also Lunchpakete vor die Tür des Saals, die sich die Teilnehmer selbst nehmen und am Platz essen. Nach dem Essen müssen alle den Saal verlassen, erst dann können wir abräumen.“ Ob er sich vorstellen kann, dass es noch verrückter wird? „Ich hoffe nicht.“

Hotels erwarten nach der Krise einen Fachkräftemangel

Auch, dass Beschlüsse mittwochs gefasst werden, man sie den Hoteliers aber erst sonntagabends mitteilt, habe vieles unheimlich schwer gemacht. „Wir haben immer alles sofort umgesetzt, unser Team ist sehr engagiert. Aber wenn Gäste bereits im Haus sind und bisher Frühstücksbuffet möglich war, wir aber um 21 Uhr mitgeteilt bekommen, dass ab dem nächsten Morgen Frühstücksbuffets verboten sind, da wird es dann wirklich schwierig.“

Etwa 100 festangestellte Mitarbeiter kümmern sich normalerweise um den laufenden Betrieb, nun sind dreiviertel von ihnen zu 100 Prozent in Kurzarbeit. „Wenn es wieder losgeht, werden wir einen enormen Fachkräftemangel haben, denn viele haben sich inzwischen umorientiert und arbeiten jetzt in ganz anderen Firmen.“ Vor allem Bürokräfte und Techniker sind vielfach nicht mehr an Bord. Es gibt einfach keine Perspektive. Vor allem nicht für Hotels, die von Messen, Feiern und Tagungen leben.

„Die Hilfsgelder haben unsere Fixkosten gedeckt“, sagt Gonschorek. Er ist Profi, lange im Geschäft und dennoch sieht man ihm die Sorge an. „Es ist nichts mehr planbar, das ist das größte Problem. Buchungen können wir den Gästen nicht garantieren, wir wissen nicht, wann wir Restaurants wieder öffnen dürfen und in welcher Form, Wellness geht schon gar nicht.“ Dabei hatte das Hotel zuletzt auch mit Familien- und Spa-Wochenenden punkten können. „Auch Events sind nicht planbar. Denn wir wissen nie, wie viele Quadratmeter wir pro Person berechnen müssen.“

Normalerweise verlasse ich tolle Hotels immer sehr zufrieden. Doch diesmal ist es eine bedrückende Erfahrung, die mir die ganze Tragik zahlreicher Hotels geradezu aufs Gemüt hämmert. Ganz besonders vor dem Hintergrund, dass Hotels viel Geld in funktionierende Hygienekonzepte investiert haben – und nun endgültig den Maßnahmen der Regierung geopfert werden. Denn ein weiteres Jahr Lockdown, räumt auch Gonschorek ein, werden viele bei 80 bis 90 Prozent Einbußen nicht überstehen.

Informationen:

Best Western Premier Parkhotel Kronsberg, Gut Kronsberg 1, 30539 Hannover, Telefon 0511/87400; E-Mail: [email protected]

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