Reise-Bericht Curaçao: Eine Liebeserklärung an die Farben

Blau und Türkis in allen erdenklichen Nuancen ist man vom Karibischen Meer gewöhnt. Aber Curaçao toppt alles — denn an Land ist die Insel knallbunt.

Reise-Bericht: Curaçao: Eine Liebeserklärung an die Farben
Foto: Daniela Kebel

Zugegeben, der erste Eindruck von der Insel lässt zu wünschen übrig. Vom Flughafen führt die Strecke nämlich zunächst einmal über die schmalste Stelle Curaçaos — mit freiem Blick auf die Erdölraffinerien. Meterhohe, qualmende Schlote, an deren oberem Ende Flammen in den Himmel schlagen. Industrieanlagen zu ihren Füßen, alles ist grau. Doch nur wenige Sekunden Fahrt, und der Industrie-Spuk ist vorüber.

Die charakteristische Landschaft der größten der ABC-Inseln — Aruba, Bonaire und Curaçao — zeigt sich: Niedrige Büsche, dornige Sträucher und bräunlicher Boden, aus dem meterhohe Kakteen wachsen. Frisches Grün sucht man dort vergebens. Ebenso selten sind blühende Blumen. Curaçao ist trocken, Regen fällt nur selten.

Trotzdem fasziniert diese Insel, die bis 2010 zu den Niederländischen Antillen gehörte und seitdem ein unabhängiger Landesteil des Königreichs der Niederlande ist. Langgezogen und schmal liegt sie im Karibischen Meer etwa 60 Kilometer von Venezuela entfernt, ist 70 Kilometer lang und misst 16 Kilometer an der breitesten Stelle. Umgeben von hellblauem Meer an seichten Buchten, von tief dunkelblauem Wasser unterhalb schroffer Klippen. Und voller knallbunter Häuser.

Spätestens in der Hauptstadt Willemstad ist es um jeden Besucher geschehen. In der Sonne blendet beinahe die Farbenpracht der Häuserzeile an der Handelskade. Leuchtendes Gelb, sattes Blau und Rosa strahlen um die Wette. Dazu hat jedes Gebäude eine andere Form und Größe — kein Wunder, dass die wunderhübsch restaurierten Häuser der Hafenstadt zum Unesco-Welterbe gehören.

Die Handelskade ist das Aushängeschild der gesamten Insel. Die Promenade liegt direkt am Ufer der Sint Annabaai. Diese Wasserstraße teilt Willemstad in zwei Teile, die durch eine bewegliche Fußgängerbrücke verbunden sind. Die 167 Meter lange Queen Emma Bridge schwimmt seit 1888 auf dem Wasser und fährt diagonal zur Seite, um Schiffe und Boote passieren zu lassen.

Wer dem Wasser folgt, gelangt an der nächsten Ecke zum Floating Market, zum schwimmenden Markt an der Sha Caprileskade. Jeden Tag kommen Händler aus Venezuela dorthin, um vor allem tropische Früchte zu verkaufen. Ihre einfachen hölzernen Stände sind mit großen Segeltüchern als Sonnenschutz überspannt — ein einheitliches Bild trotz des Marktgewusels.

Durch die engen Gassen der Altstadt gegenüber schallt Musik, der Duft von Knoblauch mischt sich mit dem einer frittierten Süßspeise. Vor einer kleinen Bar spielt eine einheimische Band Rhythmen, die an Jazz, Merengue und Salsa erinnern. Eine entspannte, lässige Atmosphäre herrscht überall in Willemstad. Taxifahrer sitzen im Schatten und spielen Karten, an Imbissständen plaudern Verkäufer und Kunden minutenlang miteinander, nebenbei werden Krapfen und Getränke verzehrt.

Entlang der Waterfortstraat in Punda nimmt die bunte Vielfalt kein Ende. Bis nach Pietermaai, einem kleinen Viertel östlich von Punda, reiht sich ein knatschbuntes Haus ans andere. Lila, gelb, orange sind sie, und alle aufwendig vor dem Verfall bewahrt. Wie der aussieht, sieht man oftmals direkt zwischen den hippen Bars und Boutique-Hotels: Die Fensterscheiben zerbrochen, die Dächer eingestürzt, der Putz bröckelt in dicken Stücken ab, karges Gestrüpp überwuchert die Grundstücke.

Curaçao ist nicht unbedingt ein Strandparadies. Bei einer Tour über die Insel entdeckt man zwar immer wieder kleine Buchten, aber der Sand an Hotels oder öffentlichen Stränden ist meist angeschüttet. Zu den touristisch schönsten Flecken Curaçaos gehört der Jan Thiel Beach im Süden, östlich von Willemstad. Am Strand aus feinem, karamellfarbenen Sand stehen Palmen, aus den Lautsprechern der Beachbars und Restaurants klingt Loungemusik, Liegen stehen in Reih’ und Glied um einen Infinity-Pool.

Ein Stück weiter ein Beachvolleyballfeld, eine Hütte für Wassersportler, vor der braun gebrannte Surfer ihre Bretter abgelegt haben, Kinder springen ins Meer, Erwachsene sitzen unter Sonnenschirmen. Nebenan baut eine Band gerade ihr Equipment auf: Am Wochenende gibt es Livemusik am Strand, zu der Einheimische und Touristen kommen.

Eingerahmt wird der Strand mit seiner Promenade von einem kleinen Karree aus Boutiquen: der Papagayo Beach Plaza. Alles ist im selben Stil erbaut und zur Abwechslung mal nicht quietschbunt, sondern in einem eleganten, weißen Beach-Look. Passend zum Strand auch das Laman-Spa: In den Farben Weiß und Beige gehalten, öffnet es sich direkt zum Meer. Daneben kleine Läden mit Schmuck, Klamotten und handgefertigten Sandalen sowie ein Casino.

Leise klingt Pianomusik aus einer Bar, Gäste sitzen mit bunten Getränken auf weißen Sofas, eine leichte, warme Brise weht vom Meer herüber — eine Stimmung, die sofort gefangen nimmt. Hier glaubt man den freundlichen Menschen, die „Don’t worry“ oder „Who cares“ sagen. Niemand scheint sich an irgendetwas zu stören, alle sitzen, trinken, essen und genießen die Zeit gemeinsam.

Vor allem, wenn es Nacht wird am Jan Thiel Beach. Im Schein gedimmter Lichter und Kerzen wiegen sich die Palmen im auffrischenden Wind, ihre Blätter rascheln, dahinter das pechschwarze Meer. Ganz weit draußen dümpeln kleine Boote im Mondschein. „You look wonderful tonight“, singt der Pianomann gerade den alten Eric-Clapton-Song und trifft damit die fast beinahe unwirklich schöne Szenerie auf den Punkt.

Die leise Karibik beginnt an einem Strand, an dessen Ende das Papagayo Beach Hotel einen schicken, eleganten und luxuriösen Akzent setzt. In einer Nachbarschaft aus teuren Villen und gigantischen Privathäusern, die vor allem reichen Niederländern gehören. „Fly me to the moon“, singt der Mann am Klavier — aber nicht heute. Heute bleiben wohl alle lieber hier auf Curaçao.

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