Birnen und Barone: Zur Baumblüte ins österreichische Mostviertel

Seitenstetten (dpa/tmn) - Das Mostviertel in Niederösterreich gilt als größtes zusammenhängendes Mostbirnanbaugebiet Europas. Eine Fahrt auf der Moststraße führt zu stattlichen Bauernhöfen, Edelbrennereien, dem Vierkanter Gottes und zur Wiege Österreichs.

Kurz hinter Sankt Michael stoppt der SEPP seinen Wagen. „Schauen Sie mal hinunter auf unser Land“, sagt er. Über sanfte Hügel, prächtige Vierkanthöfe und Streuobstwiesen geht der Blick bis zum Donautal. „Und mittendrin steht der Vierkanter Gottes, so nennen wir das über 900 Jahre alte Benediktinerstift Seitenstetten“, erklärt der SEPP.

Der SEPP heißt eigentlich Max Hirsch, ist pensionierter Elektroinstallateur und einer von zehn SEPPen, die Gäste auf Touren durchs Mostviertel begeleiten. Die Bezeichnung SEPP steht für Service und Erlebnis mit Profil und viel Persönlichkeit. Jede Menge Geschichte und Geschichten weiß Max Hirsch bei einer Fahrt auf der knapp 20 Kilometer langen Mosthöhenstraße ab Sankt Peter in der Au zu berichten.

Die Panoramaroute ist das beeindruckende Teilstück der 200 Kilometer langen Moststraße, die zu den interessantesten Orten des Mostviertels führt. Unterwegs erzählt Hirsch von der Blüte der 300 000 Mostobstbäume, die das Land im Mai zwei Wochen lang mit Hunderttausenden weißen Farbtupfern schmücken. Oder von der Kaiserin Theresia, die im Jahr 1763 die Anpflanzung von Streuobstbäumen entlang sämtlicher Landes- und Bezirksstraßen verordnete.

Rund 200 Jahre lang lebten die Menschen in der Gegend gut vom Birnenmost. Das kalorienarme Getränk mit einem Alkoholgehalt zwischen 4 und 8 Prozent war ein beliebter Durstlöscher. Most brachte Wohlstand ins Land. Prächtige Bauernhöfe entstanden, auch heute prägen noch mehr als 3000 dieser Gehöfte das Landschaftsbild entlang der Moststraße. Vierkanter werden sie genannt, da die Gebäude im geschlossenen Viereck um den Innenhof angeordnet sind.

„Das ging so bis in die 1960er Jahre. Dann werteten Limonaden, Mineralwasser, Cola-Getränke und Bier den Birnenmost als Arme-Leute-Getränk ab“, berichtet Hirsch. Most verschwand von den Getränkekarten der Gaststätten. Die Landwirte holzten die Streuobstbäume ab.

Doch seit Mitte der 1980er Jahre erlebt der Birnenmost eine Renaissance. Die Qualität wurde von Jahr zu Jahr besser, und vor etwas mehr als zehn Jahren schlossen sich engagierte Mostbauern, Gastwirte, Hoteliers und Edelbrenner zur Gemeinschaft der Mostbarone zusammen.

Heute gibt es 21 Mostbarone, einer von ihnen ist Leopold Reikersdorfer. „Wir haben uns geschworen, die Mostkultur zu pflegen und Moste, Säfte und Edelbrände in hoher Qualität zu erzeugen. Most hat bei uns eine große Vergangenheit, wir wollen für seine Zukunft sorgen“, sagt er. Reikersdorfer bewirtschaftet in dem winzigen Flecken Greinöd seinen Vierkanthof.

Das Mostviertel ist die Wiege des heutigen Österreich. Im Jahr 996 schenkte Kaiser Otto III. dem Bischof von Freising in der Gegend von Neuhofen an der Ybbs rund 1000 Hektar Land. In der Schenkungsurkunde taucht erstmals der Name „Ostarrichi“ auf.

Wer ins Mostviertel reist, übernachtet besonders stilecht auf einem der mächtigen Vierkanthöfe - Urlaub am Bauernhof. Dort sind die Misthaufen im Innenhof verschwunden, an deren Stelle lockt nun die komfortable Lounge oder das Hallenbad mit Saunabereich.

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